Kabul - Der Beginn der afghanischen Großen Ratsversammlung zur Bestimmung einer neuen Regierung ist auf Dienstag verschoben worden. Grund seien logistische Probleme, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Montag in Kabul. Die Versammlung hätte am Montagmorgen zusammentreten sollen. Kurz vor dem geplanten Beginn war es jedoch zu Unstimmigkeiten über die Rolle von Exkönig Mohammed Zahir gekommen. Nach Angaben diplomatischer Kreise in Kabul wollen die Führer der so genannten Nordallianz, die mit ihren Einheiten das militärische Rückgrat der Interimsregierung bilden, dem Exkönig keine Rolle in der Versammlung zubilligen. Hauptaufgabe der Loya Jirga ist die Wahl einer neuen Übergangsregierung, die 18 Monate lang amtieren und freie Wahlen vorbereiten soll. Außerdem soll sie eine neue Verfassung ausarbeiten. Der Loya Jirga gehören rund 1.550 Delegierte aus verschiedenen Provinzen und Volksgruppen an. Die Einberufung der Versammlung wurde auf der Bonner Afghanistan-Konferenz im November vergangenen Jahres vereinbart. Kein offizieller Grund Der organisatorische Leiter der Großen Ratsversammlung, Ismail Qasimjar, nannte keinen Grund für die Verschiebung des Beginns der Loya Jirga. Das Büro von Interimsministerpräsident Hamid Karsai bestätigte später; die Versammlung werde ab Dienstag zusammentreten. Bis dahin hofft man offensichtlich, einige der Differenzen ausräumen zu können. Am Sonntag hatten die Vereinten Nationen mitgeteilt, der Beginn der Loya Jirga müsse um wenige Stunden verschoben werden, weil mehrere Dutzend Delegierte nicht rechtzeitig in Kabul eintreffen würden. Bewaffnete Männer entsandt Aus diplomatischen Kreisen verlautete unterdessen, dass der Geheimdienstchef, Mohammed Arif, einer der prominentesten Vertreter der alten Nordallianz, am Montagmorgen bewaffnete Männer zum geplanten Versammlungsort der Loya Jirga in Kabul entsandt habe. Beobachter werteten dies als beunruhigende Demonstration der Stärke seitens der Minderheit der Tadschiken. Diese besetzen gegenwärtig im Kabinett Karsai Schlüsselposten wie die Ressorts Verteidigung, Inneres und Außenpolitik. "Bin nicht hier, um Monarchie wieder einzuführen" Der frühere afghanische König Mohammed Zahir ist bereit, das Amt des Präsidenten zu übernehmen. Er werde jede Entscheidung der großen Ratsversammlung Loya Jirga akzeptieren, sagte Zahir Schah (87) dem britischen Sender BBC in einem am Montag ausgestrahlten Interview. Die Rückkehr auf den Königsthron lehnte er aber erneut ab. "Ich bin nicht hier, um die Monarchie wieder einzuführen", sagte Zahir Schah. Vor allem paschtunische Clanführer wollen Zahir Schah während der Loya Jirga zum Präsidenten machen. Die von Tadschiken dominierte Nordallianz plant dagegen, den bisherigen Übergangsregierungschef Hamid Karsai zum Präsidenten wählen zu lassen. Sowohl Zahir Schah als auch Karsai sind Paschtunen. Die paschtunische Volksgruppe, die größte in Afghanistan, ist zurzeit kaum in der Regierung vertreten. Würde Karsai Präsident, könnte das Amt des Regierungschefs an einen Tadschiken vergeben werden. Übernähme Zahir Schah das Präsidentenamt und bliebe Karsai Ministerpräsident, sähen viele Tadschiken, Usbeken und Hasara darin voraussichtlich den Beginn einer erneuten paschtunischen Vorherrschaft.(APA/AP)