Berlin - Die von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) geführte Bundesregierung war nach Einschätzung von SPD und Grünen politisch korrupt. Der Grünen-Vertreter im Ausschuss, Hans-Christian Ströbele, sagte am Dienstag bei der Vorstellung des Abschlussberichts der rot-grünen Mehrheit im Bundestags-Untersuchungsausschuss zur CDU-Spendenaffäre, es gebe drei Fälle, in denen die CDU Geld erhalten habe, die geeignet gewesen seien, politische Entscheidungen zu beeinflussen und Entscheidungen auch beeinflusst hätten. Das SPD-Ausschussmitglied Joachim Stünker sagte: "Das Ganze ist eindeutig politische Korruption." Die Ermittlungen müssten in der kommenden Wahlperiode fortgesetzt werden. Die Regelungen zur Aussageverweigerung vor dem Ausschuss müssten reformiert werden. Ströbele sagte, der Bundestagspräsident müsse sowohl einen Teil der CDU-Spendenaffäre als auch die Affäre der SPD in Wuppertal nochmals überprüfen. Beim ersten der von SPD und Grüne als Korruptionsfälle gewerteten Vorgänge handelt es sich um die Lieferung deutscher Panzer nach Saudi-Arabien Anfang der 90er-Jahre. In diesem Zusammenhang seien mindestens eine Million Mark an die CDU geflossen. Ströbele sagte, das Geld sei gezahlt worden, um die Entscheidung über das Panzergeschäft zu beeinflussen. "Helmut Kohl hat von der Spende gewusst", fügte er hinzu. Weitere 100.000 Mark seien über den Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber an die CDU gezahlt worden, um den Bau einer Panzerfabrik in Kanada zu fördern, dem so genannten Projekt Bearhead. Der damalige Unions-Fraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU) habe spätestens 1995 gewusst, welchem Zweck die Spende gedient habe. Eine Spende in Höhe von fünf Millionen Mark an die CDU durch das Unternehmer-Ehepaar Ehlerding im September 1998 stehe in Zusammenhang mit der Privatisierung von Eisenbahner-Wohnungen. Dabei hatte eine Firma mit Mehrheitsbeteiligung der Ehlerdings wenige Monate zuvor den Zuschlag erhalten. Der Fall Ehlerding müsse von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) erneut überprüft werden. Ströbele sagte, es gebe zudem "gravierende Anhaltspunkte" dafür, dass beim Verkauf der ostdeutschen Leuna-Werke an den französischen Konzern Elf Aquitaine Schmiergelder an die CDU geflossen seien. Davon könne man aber nicht fest ausgehen. Stünker sagte, die Herkunft weiterer 20 Millionen Mark auf CDU-Konten sei weiter ungeklärt. Es sei nicht auszuschließen, dass es auch hier Zusammenhänge zu politischen Entscheidungen gebe. Die SPD-Politikerin Gabriele Fograscher sagte: "Es gibt den begründeten Verdacht, dass es noch Gelder und Konten gibt." Ströbele will Generalbundesanwalt einschalten Ströbele sagte, bei Verdacht auf Bestechung von Mitgliedern einer Bundes- oder Landesregierung solle künftig der Generalbundesanwalt eingeschaltet werden. Die Möglichkeiten der Aussageverweigerung müssten überprüft werden. Der Union warfen SPD und Grüne vor, die Aufklärung der Spendenaffäre im Ausschuss behindert zu haben. Die Union hatte vergangene Woche ihre Bewertungen vorgelegt, und darin festgestellt, dass die Regierung Kohl nicht bestechlich gewesen sei. Der Abschlussbericht soll am Donnerstag vom Untersuchungsausschuss beschlossen werden, der vor zweieinhalb Jahren eingesetzt worden war. Im Juli soll der Ausschussbericht im Bundestag debattiert werden. Zur SPD-Spendenaffäre in Köln sagte der SPD-Obmann im Ausschuss, Frank Hofmann, es gebe keine Hinweise dafür, dass die Spenden der Bestechung gedient hätten. (Reuters)