Wien - Ungewohnte Harmonie hat am Mittwoch der Nationalrat bei der Debatte zur Abfertigung neu geboten. Die Koalitionsparteien überboten sich in Superlativen vom "riesigen Erfolg für Arbeitnehmer" (Finanzminister Karl-Heinz Grasser/F) bis hin zur "Jahrhundertreform" (Wirtschaftsminister Martin Bartenstein/V). Die SPÖ war mit fast allem zufrieden. Nur die Grünen blieben skeptisch und ließen ihr Abstimmungsverhalten vorerst offen. Unter anderem wird aus ihrer Sicht für die Arbeitnehmer am Schluss des Arbeitslebens eine zu geringe Summe übrig bleiben. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch (S), der gemeinsam mit der Wirtschaftskammer die Grundlagen für das Gesetz ausverhandelt hat, lobte die Abfertigung als Maßnahme, die alle Arbeitnehmer positiv betreffe. Kritik übte er lediglich daran, dass für die Wirtschaft im letzten Moment ein Zuckerl eingeführt wurde (die Übertragung von Abfertigungsrückstellungen an die Abfertigungskassen wird steuerlich absetzbar), während den Dienstnehmern ein anderer Bonus künftig verwehrt wird. Konkret bezog er sich auf das Aus der steuerlichen Begünstigungen bei freiwilligen Abfertigungs-Überzahlungen. Weiteres Standbein für die Pensionsvorsorge ÖAAB-Obmann Werner Fasslabend freute sich vor allem, dass mit der Abfertigung neu ein weiteres Standbein für die Pensionsvorsorge geschaffen worden sei. Schon vor der Sitzung hatten sich die ÖAAB-Funktionäre mit der VP-Spitze mit einem Rucksack ablichten lassen. Die Urheberschaft für die Reform wies Fasslabend dem Vorarlberger AK-Präsidenten Josef Fink (V) zu, der die Debatte auf der Besuchergalerie verfolgte. Dem konterte FP-Klubchef Peter Westenthaler kurz danach. Für ihn war es der freiheitliche Mandatar Sigisbert Dolinschek, der vor zehn Jahren das Modell bereits vorgezeichnet habe. Nebenbei hob Westenthaler hervor, dass es die FPÖ gewesen sei, die den Anspruch ab dem ersten Tag durchgesetzt habe. Weniger Freude mit der Abfertigung neu haben die Grünen. Ihr Sozialsprecher Karl Öllinger bezweifelt die Verfassungsmäßigkeit des Steuerzuckerls und sieht auch zu hohe Verwaltungskosten. Zudem sind die Grünen skeptisch, ob überhaupt jemals ein Jahresentgelt zu Stande kommt, da die Wachstumsprognosen zu hoch angenommen seien. Anspruch ab dem ersten Tag der fixen Beschäftigung Die zentralen Punkte der Abfertigung neu: Einen Anspruch gibt es mit kommendem Jahr ab dem ersten Tag der fixen Beschäftigung, also nach einem Probemonat. Der vom Dienstgeber zu leistende Beitragssatz wird gesetzlich mit 1,53 Prozent der Bruttolohnsumme festgeschrieben. Damit würde bei der angenommenen Rendite von sechs Prozent nach rund 37 Jahren ein Anspruch von einem Jahresentgelt (das entspricht der derzeitigen Maximalsumme bei der Abfertigung) erreicht werden. Für den Arbeitnehmer besteht die Option, sich die Summe nach Ende der Arbeitstätigkeit entweder sofort auszahlen zu lassen oder für eine Zusatzpension anzusparen. Letztere Möglichkeit wird mit einem Steuerzuckerl versüßt. Während bei einer Auszahlung der (begünstigte) Steuersatz von sechs Prozent besteht, ist bei der Übertragung in einer Zusatzpension keine Steuer zu entrichten. Einschränkung bezüglich der Wahlmöglichkeit Eine Einschränkung bezüglich der Wahlmöglichkeit ist von der Regierung allerdings vorgesehen. Bei Selbstkündigung gibt es das Geld nicht in bar. Hier wird der Anspruch quasi im "Rucksack" zum nächsten Dienstgeber in der jeweiligen Abfertigungskasse mitgenommen. Überdies ist die erstmalige Auszahlung auch bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber erst nach drei Jahren möglich. Die Wahl der Abfertigungskassen (Mitarbeitervorsorgekassen) müssen Betriebsführung und Arbeitnehmer-Vertretung gemeinsam treffen. Eingehoben werden die Beiträge über die Gebietskrankenkassen. Die Möglichkeit des Umstiegs vom alten System in das neue Modell wird individuell geregelt. (APA)