Österreich
Pflegeberufe: Es fehlt an Fachkräften
Mit einer Ausbildungsreform mit Matura und einem neuen Verdienstschema soll der Pflegenotstand verhindert werden
Graz - Eine Reform der Ausbildung im Bereich der
Pflegeberufe fordert der Österreichische Gesundheits- und
Krankenpflegeverband (ÖGKV) anlässlich der Eröffnung des
Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegerkongresses in Graz.
Um den laut ÖGKV schon in zehn Jahren "drohenden Pflegenotstand"
entgegenzuwirken fordert der Verband in seinem Positionspapier u.a.
die Matura als Voraussetzung für die Grundausbildung sowie die
Schaffung zumindest eines Lehrstuhles für Pflegewissenschaften. Mit einem durchlässigen Bildungssystem von der
Pflegehilfeausbildung bis zur wissenschaftlichen Beschäftigung mit
den Aufgaben im Pflegebereich erwartet sich der ÖGKV ein besseres
Image das wiederum die Nachwuchssorgen in diesem Bereich lindern
soll. "Wir brauchen wieder vermehrtes Interesse am Pflegeberuf", so
Cäcilia Petek, steirische Landesvorsitzende des Verbandes.
Insgesamt sei es notwendig das Image des Pflegeberufes in der
Gesellschaft anzuheben, was wiederum unmittelbar mit der Sicherung
der fachlichen Kompetenz dieser Personengruppe einher gehe. "Früher
haben wir den Nachwuchs vor allem aus den Hauptschulen und
Hauswirtschaftsschulen rekrutiert, heute, da die meisten Kinder eine
höhere Schule besuchen, entschließen sich immer weniger für den Weg
in diese Richtung, die heute noch jedem 16-jährigen Schüler offen
steht, merkte die steirische Vorsitzende an. Ein attraktiveres
Bildungswesen, das dann allerdings auch mit einer besseren Bezahlung
des Nachwuchses einhergehen müsste, sollen wieder mehr junge Menschen
für dieses Berufsfeld gewonnen werden.
Salzburg und Oberösterreich hat besonders wenige Fachkräfte
"Während Lebenserwartung und chronische Erkrankungen stetig
steigen, nimmt das Interesse von Jugendlichen am Pflegeberuf ab",
konstatierte auch die Präsidentin des Gesundheits- und
Krankenpflegeverbandes, Christine Ecker. "Wer wird später die heute
30 - 40-Jährigen pflegen", so die "oberste Krankenschwester"
Österreichs, die darauf hinwies, dass in Zukunft durch die
Veränderung der Familiensituation mit dem Trend zu immer mehr
Singlehaushalten, wohl immer mehr professionelle Pflegende benötigt
werden. Während nämlich heute noch rund 540.000 Personen zu Hause
betreut werden, sollen es in zehn Jahren schon um die 800.000 sein.
"Schon jetzt fehlen in Österreich nach Schätzungen, denn konkrete
Bedarfserhebungen gibt es leider nicht, rund 1.000 Fachkräfte.
"Besonders arg" sei die Situation in Salzburg und Oberösterreich.
Pflegerausbildung mit Matura
Konkret schweben dem Verband hinsichtlich der Pflegerausbildung
nach der Matura sowohl Kolleges, fachhochschulähnliche Konstruktionen
als auch die Möglichkeit eines spezifischen Universitätsstudiums vor.
"Auch die WHO vertritt seit langem den Standpunkt, dass die
universitäre Bildung von Pflegepersonen mit regulärem universitärem
Abschluss eine der Hauptbedingungen dafür ist. In unserem
Positionspapier steht daher die Forderung nach einem durchlässigen
Ausbildungssystem von der Pflegehilfe bis hin zur Universität", so
Ecker. Laut Ecker habe es hinsichtlich der neuen
Ausbildungsvorstellungen bereits erste Gespräche mit
Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck gegeben. Am 20. Juni
erhofft man sich in einem Gespräch mit Landeshauptfrau Waltraud
Klasnic Schützenhilfe von Seiten des Landes. (APA)