Etat
Pariser Medienaufsicht: U-Bahn-Fahrt von Innenminister ist Wahlkampf
TV-Bilder Sarkozys gehen auf Zeitkonto der Chirac-Bewegung
Wenn sich Frankreichs medienbewusster
Innenminister Nicolas Sarkozy in die U-Bahn begibt, ist das
Wahlkampf. Im Fernsehen gezeigte Bilder Sarkozys in der Metro oder in
Polizei-Kommissariaten würden als Sendezeit der Union für die
Präsidentenmehrheit (UMP) von Staatschef Jacques Chirac gezählt, gab
der Chef der Pariser Medienaufsicht CSA, Dominique Baudis, am
Mittwoch bekannt. Für diese Zeit können die anderen politischen
Kräfte einen Ausgleich verlangen. Die Dienstreise des Konservativen
zum Rot-Kreuz-Flüchtlingslager Sangatte am Ärmelkanal liege dagegen
im Rahmen seiner Regierungstätigkeit und werde nicht als UMP-Kampagne
gewertet. Die Unterscheidung der Pariser Medienwächter zwischen einem
Auftritt im laufendem Wahlkampf um die Nationalversammlung einerseits
und dienstlichem Handeln andererseits müsse stets "ein bisschen nach
Gefühl" erfolgen, räumte eine der neun CSA-"Weisen", Jacqueline de
Gillenchmidt, gegenüber der Nachrichtenagentur AFP ein. Wenn die
Kameraleute aber eingeladen würden, "um Sarkozy in der Metro zu
filmen, scheint dies vor allem Wahlkampf zu sein". Schließlich würde
der bisherige Bürgermeister des feinen Pariser Vorortes Neuilly
"normalerweise nicht unbedingt in die Metro steigen".
Eigenen Angaben zufolge wertet die französische Medienaufsicht
Auftritte der rechts-bürgerlichen Regierung von Jean-Pierre Raffarin
im Allgemeinen als Teil der Kampagne, wenn sie sich um Innere
Sicherheit drehen - das zentrale Wahlkampf-Thema der UMP. Im
Asyl-Lager Sangatte habe es zuletzt aber Zwischenfälle gegeben, die
einen dienstlichen Anlass für Sarkozys Reise darstellten, hieß es bei
der CSA. (APA/AFP)