Wien - Haider, der die Lombard-Club-Affäre gemeinsam mit Justizminister Dieter Böhmdorfer 1997 durch eine Anzeige bei der EU-Kommission ins Rollen gebracht hatte, fuhr am Donnerstag in einer Pressekonferenz im Wiener Hotel Bristol, dem traditionellen Treffpunkt der Banker für ihren monatlichen Lombard-Club, mit schweren Geschützen auf. Er forderte straf-und zivilrechtliche Konsequenzen für die Banker, denen er schwerwiegende Verstöße gegen das Kartellgesetz vorwarf, die mit Strafen bis zu drei Jahren bedroht seien. Er erwarte, dass sich die österreichische Justiz dieser Sache "ehebaldigst" annehmen werde.

Zivilrechtlich sollten die Teilnehmer am Lombard-Club zu einer teilweisen Wiedergutmachung des Schadens herangezogen werden, wozu sie in Anbetracht ihres Einkommens auch durchaus in der Lage wären. Dies gelte auch für die Vertreter der Nationalbank, die Haider als "den Paten des Systems" bezeichnete.

"Kein Argument"

Das Argument der Banken, wonach sich kein Institut an die Absprachen gehalten haben ("Meineidbauern"), ließ der Kärntner Landeshauptmann nicht gelten. Dies sei ein Versuch der Verniedlichung, das System habe sehr wohl funktioniert. Die Kunden seien bis 2001 in betrügerischer Weise abgezockt worden, denn nach dem Beitritt Österreichs zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) 1994 seien die Absprachen neu organisiert worden. So habe es auch Absprachen über Gebühren im Zusammenhang mit der Eurorinführung gegeben.

Für die von ihm geforderte "Wiedergutmachung des Schadens", den er auf "30.000 Schilling je Erwerbstätigen" bezifferte, hatte Haider eine originelle Idee. "Die Banken und die Notenbank sollten einen Beitrag zur Steuerreform 2003 leisten", verlangte er. Die Höhe sollten sie selbst fixieren. Er vertraue dabei auf die Kreativität, die die Banker im Rahmen des Lombard-Clubs gezeigt hätten. Bei der "Ausplünderung des Kunden" seien sie schließlich auch sehr erfindungsreich gewesen.

Auch für die von der EU-Kommission verhängte Strafe in Höhe von 124,3 Mio. Euro weiß Haider eine Verwendung: "Die Bundesregierung soll sich bei Kommissions-Chef Romano Prodi dafür einsetzen, dass das Geld nicht in den allgemeinen Topf fließt, sondern gezielt für die Grenzlandförderung verwendet wird."

Böhmdorfer: Für Schaden haften

Auch Böhmdorfer forderte die Banken auf, für jenen Schaden zu haften, der durch die Preisabsprachen entstanden sei. Den Kunden, die durch die Absprachen zu niedrige Spar- und zu hohe Kreditzinsen gezahlt hätten, empfahl er, couragiert vorzugehen und den Klagsweg zu beschreiten. Seitens des Konsumentenschutzministeriums werde man auch ein "Organisationsmodell für diese Geschädigten anbieten, damit der Konsument nicht auf der Strecke bleibe".

"Erst wenn ein Schaden auch bezifferbar ist, kann er eingeklagt werden", meint Peter Kolba vom Verein für Konsumenteninformation VKI: "Und das wird nicht leicht sein." Erst dann, meint er, besteht für einen Kreditnehmer die Möglichkeit, eine Schadensersatzklage einzubringen. Auch der Ordinarius für Finanzrecht an der Uni Wien, Werner Doralt, macht den Bankkunden wenig Hoffnung. "Es wird für den Einzelnen schwierig sein, einen Schaden nachzuweisen", sagte er zum S TANDARD . Chancen sieht er nur für Aktionäre von Banken, die sich in der Hauptversammlung erkundigen könnten, zu wessen Lasten der durch die EU-Strafe entstandene Schaden gehe. (gb, ruz/DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2002)