Nur Experten oder Sozialversicherungs-Feinspitze können überblicken, welche Krankenkasse welche Leistung zu welchem Preis bietet. Zu unterschiedlich sind die Strukturen der fast zwanzig verschiedenen Kassen. Über die Jahre sind Besonderheiten wie hohe Selbstbehalte bei der einen oder bessere Leistungen bei der anderen angewachsen - was zur Ungerechtigkeit führt, dass Gesundheit verschieden viel kostet.

Mit dem von der Regierung nun eilig beschlossenen Krankenkassenpaket werden die Ungerechtigkeiten noch größer: Sollen doch vergleichsweise finanzstarke Krankenkassen wie die der Eisenbahner oder die der Beamten für finanzmarode Kassen wie die der Bauern oder die Gebietskrankenkassen zahlen - obwohl Eisenbahner oder Beamte viel höhere Selbstbehalte haben. Polemisch formuliert: Mit höheren Beiträgen der Eisenbahner oder Beamten werden Kassen, die viel geringere Beiträge einheben, unterstützt. Wen wundert's, dass die zur Kasse gebetenen Kassen nach dem Verfassungsgerichtshof rufen?

Jörg Haider fordert seit Jahren, die verschiedenen Krankenkassen und Sozialversicherungsträger zu einer Kasse zusammenzulegen. Das hat sich die Koalition nicht getraut: Sie hat den Wirrwarr an (historisch gewachsenen) Strukturen und Leistungen belassen - und führt einen Finanzausgleich zwischen nicht vergleichbaren Kassen ein. Schon allein das macht deutlich, dass es nicht um ein strukturelles Sanierungspaket für die Kassen geht, sondern nur um eine kurzfristige Geldbeschaffungsaktion, um ohne Krankenkassenkollaps über die nächste Wahl zu kommen. Das lange versprochene Gesamtpaket zur Kassensanierung fehlt indes noch immer.

Zu dieser Ho-ruck-Aktion passt auch, dass die lange diskutierte und oft verschobene Kranken-Chipkarte außer (freiwillig gespeicherten) Notfalldaten nichts enthält und die Vorteile der Technik kaum nutzt. Und das soll zehn Euro Gebühr wert sein? (DER STANDARD, Printausgabe, 15./16. Juni 2002)