Der Max-Wettbewerb freiraum/01 bescherte seinen Juroren eine qualvolle Wahl, die sie nicht durchstanden, weshalb zwei Sonderpreise vergeben werden mussten. Da diese noch nicht vorgestellt wurden, erlaubt sich das ALBUM an dieser Stelle, das nachzuholen.

Vergangene Woche feierte der österreichische Plattenhersteller Max im Wiener Palmenhaus im Rahmen einer gut besuchten Galanacht die Gewinner des Architekturwettbewerbs namens "freiraum/01", die, in Inseratenform vorgestellt, die Architekturseiten des Album in den vergangenen Wochen quasi flankiert hatte. Das Thema des heuer erstmals ausgelobten und in Kooperation mit dem STANDARD erfolgten Wettbewerbs lautete "Temporäre Architektur" und sagte naturgemäß vor allem der jüngeren Architektengeneration zu.

Gerade mit Projekten zu diesem Temporären, Ephemeren, Nicht-für-die-Ewigkeit-Gebauten haben sich die munteren Nachwuchsarchitekturkräfte des Landes bereits Namen gemacht, und das beileibe nicht nur in Wien, Graz, Innsbruck. Die Beteiligung am Max-freiraum-Wettbewerb war entsprechend rege, offenbar hatte man mit der Wahl des Themas irgendwie den Zeitgeist getroffen; es wird, so kündigte das Unternehmen an, eine Fortsetzung geben.

Gleich vorweg, was die Einreichungen anbelangt: Die Verwendung des hier über das Transportmittel des Wettbewerbs propagierten Baumaterials war keineswegs obligat. Gefragt waren vielmehr Idee, Konstruktion, Esprit, und damit alles seine Gerechtigkeit hat, gab es in zwei Kategorien jeweils drei Sieger. Die Jury - bestehend aus den Architekten Christoph Achammer, Roman Delugan, Volker Giencke, Markus Marignoni (Bene Büromöbel) sowie Silvio Kirchmair (als Isovolta-Chef sozusagen Wettbewerbs-Auslober), Reinhold Süßenbacher (Umdasch-General) und STANDARD-Chefredakteur Gerfried Sperl - wurde angesichts der Qualität der gelieferten Projekte quasi maßlos, was in zwei weitere Sonderpreise in jeder Kategorie gipfelte. Diese sind bis dato noch nicht vorgestellt worden, was wir als ALBUM im Dienste der Gerechtigkeit hiermit nachholen wollen.

"Young and hungry" war die Kategorie der noch nicht so Bekannten, und hier räumte das Team Adnan Mehmedic und Tina Magerl mit einer kunterbunten Collage aus den verschiedensten Szenerien und dem Titel "Purzelhaus" den ersten Preis ab. Der Sonderpreis der Jury ging an Joachim Horna, einen schon-fast-nicht-mehr-Studenten, der einer faszinierenden Idee Gestalt verlieh: Besonders dieser sonniger Tage vermissen alle, die keinen haben, den Balkon, die kleine Luftoase vor dem Fenster. Horna ging es offenbar ebenso, er erfand deshalb den sogenannten "eb4a", die Abkürzung für "ein Balkon für alle". Ein statisch tadellos austariertes Konstrukt ergießt sich stählern aus dem Fenster, ist über eine Leiter erkraxelbar, hängt als kleine Koje vor der Fassade. Sehr fein. Horna sollte nach Absprache mit diversen Magistraten sofort Patent anmelden und die Produktion aufnehmen.

In der Kategorie "Bekannt und etabliert" gewannen Claudia Hammerle, Sylvia Naschberger, Meinhard Ossberger und Ines Rauter den Hauptpreis mit dem klug gemachten Müllcontainer "Mudmax", für dessen Realisierung zu sorgen während der Gala Isovolta-Chef Kirchmair versprach. Den Sonderpreis bekamen Jakob Leb und Markus Probst für ihr Arche-Noah-artiges Floß "Zoon", das "eine Sammlung zum Thema Mensch und Tier und zugleich das Formulieren eines Ortes ihrer Zur-Schau-Stellung" darstellen soll: Ein aufwendig gemachtes, schön entworfenes Projekt, detailliert und räumlich interessant gemacht.

Einen allerletzten Preis, nämlich den des Publikums und via Internet ermittelt, gab es schließlich noch für das Projekt "Wonderland - Architektur ist uns nicht egal", an dem derartig viele Teams gemeinschaftlich gefeilt hatten, dass die Übersicht über die Konstrukteure den Platz hier sprengen würde. Wonderland ist jedenfalls ein "flexibles, temporäres Ausstellungskonzept" und will Metapher sein, und zwar für "die Vielfalt im Kontext, gemeinsamen Gestaltungswillen, individuelle Kapazität; ... die unterschiedlichen Positionen sind gleichzeitig Antworten und Fragen an den heutigen Architekturbenutzer". Und, das erlauben wir uns hinzuzufügen, auch für heutige Architektinnen und Architekten. Was man noch braucht, ist natürlich der Freiraum - und gelegentlich Wettbewerbe, die so heißen. (Ute Woltron/DER STANDARD, Printausgabe, Sa./So.,15.6.2002)