International
Mullah Omars Tonbandstimme aus dem Untergrund
Geistlicher Führer der Taliban wähnt sich vor den "Häschern" der USA in Sicherheit
Chaman - Das Oberhaupt der radikal-islamischen
Taliban-Bewegung, Mullah Mohammad Omar, hat sich per Tonbandkassetten
aus dem Untergrund zu Wort gemeldet. Omar sagt darauf unter anderem,
er sei vor seinen "Häschern" aus den USA in Sicherheit. Reisende aus
Kandahar berichteten am Sonntag im pakistanischen Chaman, die
Tonbandkassetten, auf denen auch andere Geistliche zu Wort kommen und
Omar "als Retter des Landes aus dem Chaos des Bürgerkrieges"
würdigen, seien in Südost-Afghanistan verteilt worden. Die Tonbandkassetten seien am Abend des Freitag, des Gebetstages
der Moslems, vor Verwaltungsgebäuden, Hotels und anderen Gebäuden in
Kandahar aufgetaucht, berichteten die Reisenden. Die Stadt im Süden
Afghanistans war Mitte der neunziger Jahre Ausgangspunkt des
Feldzuges der Taliban (Koran-Schüler) und der Sitz Omars gewesen. Die
Bänder enthalten eine 15 Minuten lange Ansprache Omars, aus der aber
nicht hervor geht, wann und wo er sie gehalten hat. Er sei in
Sicherheit, sagt Omar darin. "Die amerikanischen Bombenangriffe
können uns nichts antun, auch wenn sie zehn Jahre dauern."
Reste der Verbände im Paschtunen-Gebiet
Der Geistliche rechtfertigt auf den Bändern die Durchsetzung
seiner strikten islamischen Moral- und Rechtsvorstellungen in der
Regierungszeit der Taliban von Ende 1996 bis Ende 2001, während der
sie bis zu 95 Prozent des Landes kontrollierten. Die
Bürgerkriegsparteien hätten das Land in Miniatur-Staaten aufgeteilt,
bevor die Taliban gekommen seien, sagt Omar. Er bezweifle, dass
ausländische Mächte auch nur für einen Tag lang so für Frieden sorgen
könnten wie die Taliban es getan hätten.
Es wird allgemein angenommen, dass die Reste der geschlagenen
Kampfverbände der Taliban und El Kaida im Paschtunen-Gebiet
Südost-Afghanistans und Nordwest-Pakistans untergetaucht sind. Die
Taliban rekrutieren sich hauptsächlich aus Paschtunen, während die
weltweit operierende El Kaida zumeist ausländische Moslems in ihren
Reihen hat.
Die Taliban wurden nach US-Luftangriffen und einer Bodenoffensive
der afghanischen Nordallianz im vergangenen Herbst von der Macht
vertrieben. Sie gerieten ins Visier, weil sie dem Chef der El Kaida,
Osama bin Laden, Unterschlupf gewährten. Ihn machen die USA für die
Anschläge des 11. September verantwortlich. (APA/Reuters)