Medien
Bertelsmann trennt sich von Fachverlag
Verkauf, Fusion oder Management-buy-out möglich, so Vorstands- chef Middelhoff (Bild) - Aufbau eines eigenen Musikkanals
Der Medienkonzern Bertelsmann will sich nach
Angaben des Vorstandsvorsitzenden Thomas Middelhoff von seiner
Fachverlagsgruppe trennen. "Geschäfte, die unseren Anspruch nach
Marktführerschaft nicht erfüllen und nicht in das Konzept eines
integrierten Medienunternehmens passen, stehen auf dem Prüfstand",
sagte Middelhoff der "Süddeutschen Zeitung"
. "Es zeigt sich, dass unsere Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer diese
Kriterien nicht erfüllt." Zugleich kündigte Middelhoff den Ausbau des
Musikgeschäfts mit der eventuellen Gründung eines eigenen
Musiksenders an.
Ausbau der Musik-Sparte
Beim Ausbau der Musik-Sparte setzt Bertelsmann auf das Internet
und das Fernsehen als "Promotionmaschine". "Der Pop-Fan will nicht
mehr eine ganze CD - sozusagen als Zwangspaket - kaufen müssen, nur
um seine aktuellen Lieblingstitel hören zu können. Künftig müssen die
Firmen einzelne Songs online zum Kauf anbieten." Bertelsmann hat dazu
die einst führende Internet-Musiktauschbörse Napster übernommen,
deren Neustart mit einem kostenpflichtigen Abo-Modell sich jedoch
immer wieder verzögert.
Eigener Musiksender
Die zu Bertelsmann gehörende RTL Group prüfe den Aufbau eines
eigenen europäischen Musikkanals, sagte Middelhoff weiter. Das neue
Projekt solle von Köln aus geleitet werden. "Ich kann mir gut
vorstellen, dass wir unsere starken Marken RTL und Napster
kombinieren." Ein Einstieg bei den bereits bestehenden Musiksendern
MTV und Viva stehe nicht zur Debatte. "Die Anteile wären zu teuer."
Middelhoff wehrte sich gegen den Kritik, für das unabhängige
Musik-Label Zomba mit drei Milliarden Dollar zu viel bezahlt zu
haben. "Der Preis ist nur deshalb so hoch, weil die Firma
außergewöhnlich profitabel ist." 1991 sei vereinbart worden, dass der
Kaufpreis mindestens acht Mal so hoch wie der Vorsteuergewinn des
Labels sein müsse. Zomba hat junge Stars wie Britney Spears oder
N'Sync unter Vertrag.
Einkaufstour
Grundsätzlich werde Bertelsmann aber doch auf Einkaufstour gehen.
In Europa stehe eine Welle der Konsolidierung bevor, die Chancen für
Zukäufe in England, Spanien oder Italien eröffne. "Wir stehen
bereit", betonte Middelhoff.
Nach dem deutlichen Rückgang der Werbeeinnahmen gebe es bei der
RTL Group für das vierte Quartal erste Anzeichen einer Besserung,
sagte Middelhoff. Beim Zeitschriftenverlag Gruner + Jahr sei dagegen
noch keine Erholung zu sehen. Er sei aber zuversichtlich, dass sich
auch dort das Blatt in der ersten Hälfte des Jahres 2003 wenden
werde. (APA/dpa)