Wirtschaft
EU-Nettozahler laufen Sturm
Direktzahlungen an EU-Kandidaten von maximal vier Milliarden Euro jährlich geplant
Brüssel - In den Streit über Direktzahlungen an die
osteuropäischen Landwirte hat sich nun auch die EU-Kommission mit
eigenen Berechnungen eingeschaltet. Danach blieben die Kosten für den
EU-Haushalt bescheiden: Während die fünfzehn alten EU-Staaten derzeit
jährlich rund 25 Mrd. Euro aus der EU-Kasse erhalten, könnten die
zehn Kandidatenstaaten im ersten Jahr wegen der großen
Einkommensunterschiede zur EU 15 lediglich insgesamt 1 Mrd. Euro
erwarten, nach der vollen Anhebung auf das EU-Niveau müssten sie sich
4 Mrd. Euro teilen, hieß es am Montag bei der EU-Kommission. Die EU-Kommission hat bekanntlich eine "Einschleifregelung"
vorgeschlagen, nach der den Osteuropäern zunächst 25 Prozent der
Direktzahlungen an die EU 15 angeboten werden sollen, die dann
schrittweise bis 2013 auf 100 Prozent angehoben werden sollen.
Dagegen laufen die EU-Nettozahler Deutschland, die Niederlande,
Großbritannien und Schweden Sturm. Berlin will vor einer Entscheidung
einerseits die weitere Entwicklung der Agrarreformen der EU und
andererseits den Wahltermin vom 22. September abwarten. Längerfristig
tritt Deutschland für ein Auslaufen dieser Zahlungen ein, da sie 1992
nur als Ausgleich für Einkommenseinbußen der Bauern wegen der
Kürzungen bei den Erzeugerpreisen eingeführt worden seien. Frankreich
als derzeitiger Hauptnutznießer möchte dagegen den Grundsatz der
Direktzahlungen auch nach der Erweiterung ohne Einschränkungen
festschreiben lassen.
Direktzahlungen - Bestandteile des EU-Regelwerks
In einer Reaktion auf Äußerungen des deutschen Bundeskanzlers
Gerhard Schröder am Wochenende in der Sonntagszeitung der Frankfurter
Allgemeinen hielt der Sprecher von Erweiterungskommissar Günter
Verheugen fest, die Direktzahlungen bildeten trotz deutscher Zweifel
Bestandteil des EU-Regelwerkes. Sie seien in einer Verordnung
festgelegt worden. Damit stünden sie auch den neuen Mitgliedern zu.
Bei der Aushandlung des mittelfristigen Finanzrahmens der EU bis 2006
seien Direktzahlungen an die Kandidatenländer "weder ein- noch
ausgeschlossen" worden. Heute dienten die Direktzahlungen vor allem
zur Stabilisierung der bäuerlichen Einkommen, erläuterte der Sprecher
von EU-Agrarkommissar Franz Fischler. In den Kandidatenländern liegt
das Einkommen der Landwirte derzeit erheblich unter dem EU-Niveau.
Großzügig möchte sich die EU-Kommission gegenüber den neuen
Mitgliedern vor allem bei der Förderung des ländlichen Raums,
insbesondere bei der Umstellung auf "grüne" Produkte, zeigen. Solche
Projekte sollen zu 80 Prozent aus dem EU-Budget finanziert werden,
die restlichen 20 Prozent müssten die Empfängerländer aufbringen. In
der EU 15 beteiligt sich Brüssel nur mit 40 bis 50 Prozent. Erwartet
wird in Brüssel, dass die Behörde sich bei der Vorlage ihrer
Reformvorschläge in der "mid term"-review am 10. Juli generell für
eine schrittweise Senkung der Direktzahlungen aussprechen wird. (APA)