Kabul - Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat am Mittwoch die neue Übergangsregierung vorgestellt und dabei wichtige Schlüsselressorts unverändert gelassen. Die Loja Dschirga, die Große Stammesversammlung der Afghanen, habe seinen Vorschlägen für das neue Kabinett zugestimmt, sagte Karsai. Verteidigungsminister Mohammad Fahim behielt demnach ebenso sein Amt wie Außenminister Abdullah Abdullah. "Natürlich hätte ich mir gewünscht, alle Erwartungen meiner Brüder (in Bezug auf die Kabinettsbildung) erfüllen zu können. Aber ich musste viele Aspekte berücksichtigen", sagte Karsai. Die Zusammensetzung des Kabinetts gilt als entscheidende Voraussetzung für einen Erfolg bei den Bemühungen der Loja Dschirga, die verfeindeten Volksstämme Afghanistans zu versöhnen. Karsai ist am Mittwoch vor der Großen Ratsversammlung in Kabul vereidigt worden. Damit ist Karsai Übergangspräsident bis zu regulären Wahlen, die in anderthalb Jahren stattfinden sollen. Die Loya Jirga wurde mit der Amtseinführung Karsais offiziell beendet. Karsai sagte, er werde zurücktreten, wenn es ihm nicht gelinge, dem Land Frieden und Sicherheit zu bringen. Er wolle, dass alle Befehlshaber des Landes der Kontrolle des Verteidigungsministeriums unterstellt würden. Fahim und Abdullah gehören der von den Tadschiken dominierten Nord-Allianz an, die den USA im vergangenen Jahr dabei halfen, die radikal-islamischen Taliban zu stürzen. Karsai selbst gehört dem Mehrheitsstamm der Paschtunen an. Human Rights Watch besorgt Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sorgt sich um die Sicherheit der Delegierten der Großen Ratsversammlung in der afghanischen Hauptstadt Kabul. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung forderte die Organisation die afghanischen Behörden auf, den Schutz der von Kriegsfürsten bedrohten Delegierten zu gewährleisten. Hunderte von Vertretern der Regionen und Volksgruppen hätten den Drohungen und Einschüchterungsversuchen erfolgreich widerstanden. Bei der Rückkehr in ihre Dörfer und Städte müssten sie jedoch mit gegen sie gerichteten Aktionen von nach wie vor mächtigen Kriegsherren rechnen. Eine weibliche Delegierte sagte der Menschenrechtsgruppe, wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen in der Hauptstadt habe sie sich getraut, offen zu sprechen, in der Provinz sehe es jedoch anders aus. Human Rights Watch erinnerte daran, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai wiederholt eine größere Präsenz von Sicherheitskräften gefordert habe. Die internationale Gemeinschaft müsse Karsais Appell Folge leisten und zur Verbesserung der Sicherheitsbedingungen in ganz Afghanistan beitragen. Amnesty: zu früh für Flüchtlingsrückkehr Menschenrechtsexperten halten eine Rückkehr der Flüchtlinge nach Afghanistan für verfrüht, solange die Lage noch unsicher ist. Wie amnesty international am Mittwoch erklärte, erwarten die Flüchtlinge in ihrer Heimat Gefechte, Kriminalität und ethnische Konflikte. Auch die Versorgung sei schlecht, da die Hilfsorganisationen zu wenig Spenden erhielten. Von den rund 3,7 Millionen Menschen die aus Afghanistan geflohen waren, kehrten seit dem Sturz des Taliban-Regimes etwa eine Million zurück. Bis zum Ende des Jahres sollen nach Schätzungen der Vereinten Nationen weitere zwei Millionen folgen. Einige Länder, wie Großbritannien und Australien, halten die Rückkehr afghanischer Flüchtlinge für angebracht. Das UNO-Flüchtlingswerk UNHCR erleichtert Freiwilligen die Heimkehr, ohne jedoch andere dazu zu ermutigen. amnesty international forderte die Regierungen auf, sich an dieser Politik zu orientieren, denn alles andere sei verfrüht und unverantwortlich. Große Versprechungen Der afghanische Minister für Wiederaufbau, Amin Farhang, warf der internationalen Gemeinschaft vor, "ein böses Spiel" mit Afghanistan begonnen zu haben. Im Inforadio Berlin-Brandenburg sagte Farhang am Mittwoch, nur ein Bruchteil der für 2002 zugesagten Gelder sei eingegangen. "Sie haben große Versprechungen gemacht und sehr wenig eingezahlt." Angesichts des abreißenden Spendenstroms hat das UNHCR die Europäische Union zur Zahlung von rund 94 Millionen Dollar (etwa 98 Millionen Euro) aufgerufen, um den heimkehrenden Flüchtlingen beim Aufbau eines neuen Lebens helfen zu können. (APA/Reuters)