Österreichs Seilbahnen galten gemeinhin als sicheres Massenverkehrsmittel: Bei rund 4,4 Milliarden Personentransporten in den acht Jahren bis zum Gletscherbahn-Unglück von Kaprun im November 2000 war kein Todesopfer zu beklagen. Nach der Brandkatastrophe mit 155 Toten hat eine internationale Expertenkommission Sofortmaßnahmen empfohlen, die von der Branche umzusetzen waren. Auf Anordnung des Verkehrsministeriums mussten überdies Heizkörper in Fahrbetriebsmitteln durch Fachfirmen auf ihren betriebssicheren Zustand überprüft und, wenn nötig, entfernt werden. Die Expertenkommission kontrollierte nach dem Kaprun-Unglück die übrigen vier unterirdischen geführten Seilbahnen in Österreich. Sie sah keine Notwendigkeit, solchen Anlagen oder Standseilbahnen generell die Konzession zu entziehen oder die Konzeption in Frage zu stellen, betonte Erik Wolf, Geschäftsführer des Fachverbandes der Seilbahnen, heute, Dienstag. Dem Kommissionsbericht zufolge sei das Unglück nicht vorhersehbar gewesen: "Die Katastrophe von Kaprun hat auch international ein bisher nicht erkanntes, neues Gefährdungsbild gezeigt, zumal es nach den vorliegenden Erhebungen bei Seilbahnen bisher in keinem einzigen Fall einen von einem Fahrbetriebsmittel in Betrieb ausgegangenen Brand gegeben hatte", hieß es im Bericht. Auf der Grundlage der Empfehlungen der Kommission wurden laut Wolf für vergleichbare Anlagen Maßnahmen vorgesehen und umgesetzt: ~ a) Eine zweite Notbeleuchtung in längeren Tunnelstrecken b) Brandmeldeanlagen mit Absaugsystem zur Brandfrüherkennung in den Fahrbetriebsmitteln c) Automatische Feuerlöschsysteme im Elektronikbereich der Fahrbetriebsmittel d) Eine visuelle Überwachung des Fahrgastbereiches ~ Weitere Maßnahmen nach Kaprun: Eine neue österreichische Richtlinie bezüglich Brandschutzes bei Seilbahnunternehmen steht vor dem Abschluss. Sie diene gleichzeitig als Basis für internationale Vorschriften im Rahmen der CEN (Europäisches Normungsinstitut): Auch in den anderen europäischen Ländern entstehen wegen der durch das Tunnelunglück in Österreich erzielten Erkenntnisse neue Brandschutz-Richtlinien. Neu geregelt werden laut Wolf u.a. die Anforderungen an die bei Fahrbetriebsmitteln von Seilbahnen verwendeten Materialien, zum Beispiel der Austausch von Bodenbelegen. Die Seilbahnbranche erbringe zudem freiwillig Maßnahmen, um die Sicherheit zu optimieren: Die technischen Erkenntnisse aus dem Tunnelunglück fließen in die Ausbildung der Betriebsleiter und Maschinisten ein. Auf Gefahrenpotenziale im Betrieb werde besonders eingegangen. Wolf: "Mit internationalen Experten werden derzeit Präventionspläne mit detaillierten Checklisten und Verhaltensvorschriften erstellt, die über die derzeit vorgeschriebenen Berge- und Brandschutzpläne hinausgehen, und bei der Seilbahntagung im Oktober 2002 vorgestellt." "Bei einem Verkehrsvolumen von 550 Millionen Personenbeförderungen jährlich sind Unfälle leider nicht gänzlich zu verhindern. Jeder Unfall kann aber auch dazu beitragen, die aktiven Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern", sagte Wolf. Jeder Fall werde rekonstruiert, analysiert und auf mögliche allgemeine Schlüsse überprüft. Ein System von Meldepflichten stelle die lückenlose Erfassung aller Vorfälle sicher. Jährlich würden 220 bis 360 Millionen Euro in Anlagen, Mitarbeiterschulungen und Kontrollen investiert. 3.173 Seilbahn- und Liftanlagen insgesamt gibt es in Österreich (vier davon unterirdisch geführt). Transportunfälle sind dem Fachverband zufolge selten und oft auf Fehlverhalten einzelner Passagiere zurückzuführen. In 93 Prozent der Fälle sind die Folgen glimpflich - allenfalls leichte Verletzungen wie Hautabschürfungen oder Prellungen. (APA)