Salzburg - Als Richter Manfred Seiss Dienstag den Strafprozess gegen 16 Beschuldigte eröffnete, war bei vielen Beteiligten eine gewisse Erleichterung spürbar: Der Medienansturm war mit mehr als 70 Journalisten zwar enorm, das befürchtete Gerangel um die Sitzplätze blieb aber aus. Nur rund 50 Angehörige der 155 Opfer des Infernos in der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn kamen ins Salzburger Kolpinghaus. Die extra eingerichteten Videozimmer, in die das Verfahren übertragen wird, blieben weitgehend ungenutzt. Seiss machte noch vor Prozessbeginn deutlich, dass er keine Störung des Verfahrens, dessen Kosten auf etwa zwei Millionen Euro geschätzt werden, dulden werde. Es solle "sachlich und ergebnisorientiert" verhandelt werden. 34 Verhandlungstage In dem auf vorerst 34 Prozesstage bis Ende September anberaumten Verfahren muss geklärt werden, ob die 16 Angeklagten der fahrlässigen Herbeiführung einer Feuersbrunst beziehungsweise der fahrlässigen Gemeingefährdung schuldig sind. In der Anklage geht Staatsanwältin Eva Danninger-Soriat von einem "Mosaik von Fehlern" aus: der laut Gutachten brandauslösende Heizstrahler sei nicht für den Einbau in Fahrzeugen geeignet gewesen. Dies hätten die zwei angeklagten Techniker der Firma Swoboda zu verantworten. Drei Mitarbeiter der Firma Mannesmann-Rexroth stehen wegen zu nahe der Heizung verlegter Hydraulikleitungen vor Gericht. Den Gletscherbahnen wiederum wird vorgeworfen, das defekte Gerät nicht kontrolliert und gewartet zu haben. Neben den Firmen stehen auch noch drei Behördenvertreter für die erteilte eisenbahnrechtliche Betriebsbewilligung sowie zwei Inspektoren des TÜV vor Gericht. Auch drei Männer, die für eine defekte Brandschutztür in der Bergstation verantwortlich sein sollen, sitzen auf der Anklagebank. Vor dem Vortrag der Anklage stand jedoch einmal mehr der beim Prozess nur als Zuseher anwesende US-Anwalt Ed Fagan im Mittelpunkt des Interesses. Die Verteidiger der beiden Mitarbeiter der Firma Swoboda beantragten, dass Fagan als Zeuge geladen werde. Fagan habe wiederholt behauptet, dass wichtige Unterlagen und Beweise nicht im Prozessakt enthalten seien, er aber Kenntnis über deren Inhalt habe. Richter Seiss stimmte zu: "Es ist jedes Mittel recht, um die Wahrheit zu finden." Fagan soll nun nach Eröffnung des Beweisverfahrens aussagen. Bis dahin darf er dem Prozess nicht beiwohnen. Am ersten Tag wurde auch schon die Generallinie der Verteidiger deutlich: Eine derartiger Brand einer Standseilbahn wäre vor dem 11. November 2000 nicht denkbar gewesen. In ihren Äußerungen zur Anklage spielten die Anwälte der drei Beschuldigten aus dem Bereich der Gletscherbahnen den Ball an die Lieferfirmen weiter. Die Verantwortung für die technische Funktionstüchtigkeit der Einbauten läge bei jenen "namhaften Firmen", die 1993 mit dem Umbau der Waggons beauftragt worden seien, so Anwalt Wolfgang Brandstetter, der den technischen Direktor der Gletscherbahnen, Manfred Müller, vertritt. Eine ähnliche Strategie wählte auch Anwalt Peter Lechenauer, dessen Mandant Robert Vockenhuber als Techniker der Firma Swoboda für den Wagenaufbau zuständig war. Swoboda habe den Heizlüfter zwar eingebaut, so Lechenauer, sei aber nicht für die Leitungshydraulik zuständig gewesen. Für diese - von Mannesmann Rexroth installiert - habe Swoboda nicht einmal Pläne gekannt. Vertreter der beschuldigten Hydrauliktechniker wiederum bezweifeln die in Gutachten angenomme Baugleichheit der beiden Züge. Der "Gletscherdrache" und die ausgebrannte "Kitzsteingams" wichen in vielen Details ab. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2002)