Melbourne - Erstmals ist ein komplettes Organ aus Stammzellen gezogen worden: Forscher der Monash Medical School, Melbourne, haben - im Mäuseversuch - einen Thymus daraus wachsen lassen. Dabei haben sie Mäuseembryonen Thymusstammzellen entnommen und anderen Mäusen - ganz normalen Mäusen mit einem normalen Thymus - eingepflanzt, nahe der Niere, weit weg von ihrem Thymus. Dort differenzierten sie sich so gut aus, dass das neue Organ bald ebenso gut arbeitete wie das originale.Der Thymus (Briesdrüse) ist das zentrale Organ des Immunsystems, in ihm werden Abwehrzellen ausdifferenziert und in ihre Aufgaben eingewiesen: Sie lernen, körperfremde Proteine zu attackieren und körpereigene zu schonen. Geht dabei etwas schief oder verliert der Thymus seine Kraft - durch Altern, Chemotherapie oder Viren -, kann sich der Körper entweder nicht gegen Eindringlinge wehren, oder er wird von seinem eigenen Immunsystem angegriffen. Thymustransplantationen hatten bisher wenig Erfolg, die Transplantate werden abgestoßen. Die Stammzellen hingegen riefen keine Immunabwehr hervor, sie sind Vorläuferzellen von Thymuszellen, noch nicht so weit ausdifferenziert wie sie. Die Forscher sehen ihr Verfahren auf Menschen übertragbar und wollen bald in klinische Tests. Sie können das auch - im Unterschied zu Forschern der US-Firma Ad- vanced Cell Technologies, die kürzlich als Erste beanspruchten, Organe aus Stammzellen gezogen zu haben: In Wahrheit haben sie - an Rindern - Organe aus schon weit entwickelten embryonalen Organen gezogen, was sich bei Menschen verbietet. (Nature Immunology, jl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19.6.2002)