Wirtschaft
Nulldefizit stellt vier EU-Staaten vor ein Problem
EU-Finanzminister wollen Stabilitätspakt bekräftigen
Brüssel - Die EU-Finanzminister sollen am Donnerstag am Vorabend des Sevilla-Gipfels bekräftigen, dass sie bis 2004 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen wollen. In Sevilla sollen dies die Staats- und Regierungschefs noch einmal feierlich festschreiben.
Frankreich, Italien, Portugal und Deutschland haben jedoch Probleme,
dieses Ziel zu erreichen. Die Regierungen in Deutschland und Italien haben dennoch ein
eindeutiges Bekenntnis dazu abgelegt, bis 2004 einen ausgeglichenen
Haushalt anzustreben. Aus Frankreich kommen hingegen widersprüchliche
Signale. Die erst am Sonntag gewählte neue Regierung wird sich erst
festlegen müssen, ob sie ihre Wahlversprechen zur Steuersenkung
einhalten oder bis 2004 ein Null-Defizit erreichen will. Portugals
Regierung will sich laut Ankündigungen vorerst nicht zur Einhaltung
der Ziele des Stabilitätspaktes verpflichten.
Defizit höher
"Wir wollen für 2004 nicht ein Nulldefizit fest geschrieben haben,
weil dies besonders deutliche Anstrengungen von Portugal bedeuten
würde, zu denen wir uns derzeit nicht verpflichten können", sagte
zuletzt ein Sprecher des portugiesischen Finanzministeriums. Portugals neue Finanzministerin Manuela Ferreira Leite hatte bereits
im April 2002 davon gesprochen, dass die Defizit-Obergrenze von drei
Prozent in diesem Jahr überschritten werden könnte.
Frankreich will am 27. Juni - also nach Sevilla - die Ergebnisse
des "Kassensturzes" der öffentlichen Haushalte für 2002 bekannt
geben. Das Staatsdefizit wird nach Angaben aus Regierungskreisen in
diesem Jahr höher als bisher offiziell angenommen ausfallen. Das
Defizit könnte dabei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
übersteigen und bis zu 2,6 Prozent erreichen.
"Intelligente Interpretation"
Der französische Zentralbankchef Jean-Claude Trichet hatte erst die Bedeutung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes
hervorgehoben. Die französische Industrieministerin der neuen
Mitte-Rechts-Regierung, Nicole Fontaine, sieht allerdings zugleich
Spielraum für eine "intelligente Interpretation" des Pakts. Es gebe
Spielraum, sagte Fontaine am Dienstag ohne den konkreten Bezug
zu nennen. Bisher habe man sich zu stark auf die Stabilität fixiert,
während dem Wachstum zu wenig Beachtung geschenkt worden sei.
In Deutschland hat erst vorige Woche der Finanzplanungsrat aus
Bund und Ländern indes das Ziel bekräftigt, bis zum Jahr 2004 einen
nahezu ausgeglichenen Gesamthaushalt vorzulegen. Im laufenden Jahr
2002 wird Deutschland eine Defizitquote von 2,7 Prozent aufweisen.
Deutschland hatte im Februar 2002 mit einer besonderen Verpflichtung
zum Defizitabbau einen blauen Brief der EU abwenden können.
Italien: Probleme bei der Einhaltung
In deutschen Regierungskreisen hieß es zuletzt, auch Italien habe
Schwierigkeiten bei der Einhaltung des Stabilitätspaktes. Eine
konkrete Ziffer wurde nicht genannt. Es hieß lediglich, das Defizit
sei nicht so dramatisch wie in Frankreich, könne aber in einem halben
Jahr ein ähnliches Niveau erreichen. Der italienische
Wirtschaftsminister Giulio Tremonti hatte Anfang Juni aber
versichert, dass Italien die im Stabilitätspakt enthaltenen Ziele
einhalten wird.
Frühjahrprognose sah zwei Länder nahe 3,0 Prozent
Die EU-Kommission erwartet laut Frühjahrsprognose vom April für
die Staaten der Eurozone insgesamt für 2002 ein Defizit von 1,4
Prozent. Deutschland wurde ein Defizit von 2,8 Prozent, Portugal
eines von 2,6 Prozent vorhergesagt. Auch Frankreich (Minus 1,9
Prozent) und Italien (Minus 1,3 Prozent) müssen laut EU-Kommission
mit einer Neuverschuldung über einem Prozent des
Bruttoinlandsproduktes rechnen. Für Österreich war ein Defizit von
0,1 Prozent vorausgesagt worden. Im Stabilitäts- und Wachstumspakt haben sich die EU-Staaten dazu
verpflichtet, bei ihrer Neuverschuldung die Grenze von drei Prozent
des BIP nicht zu überschreiten und bis spätestens 2004 einen nahezu
ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. (APA)