Oskar Strohmeyer ist das bisher prominenteste Opfer von Ernst Strassers Umstrukturierungen, die in der politischen Diktion auch "Umfärbungen" genannt werden. Der General der Gendarmerie wurde nach seiner Kritik an den Sparplänen, die er in einem Brief an seine Kollegen artikuliert hatte, zur Flugpolizei versetzt. Seinen Posten wäre er im Zuge der Reformpläne aber ohnedies losgeworden, Strasser schuf mit der Streichung einer ganzen Führungsebene neue Strukturen, die er nun nach seinen Vorstellungen neu besetzen kann.

An der Mitarbeiterinformation des Ministers am vergangenen Dienstag im Innenministerium konnte Strohmeyer nicht teilnehmen: Strasser schickte ihn in seiner neuen Funktion als provisorischer Leiter der Flugpolizei per Weisung ganz weit weg, nämlich nach Hohenems, um dort einen Hangar zu besichtigen. Auch wichtig. Strasser wollte den Störenfried bei so einem heiklen Termin offensichtlich nicht in seiner Nähe haben. Das ist Machtpolitik.

Nicht alles, was im Innenministerium aus Sicht der Personalvertreter schief läuft, ist aber auf Strassers Mist gewachsen. Der Minister muss sparen. Wie die anderen Regierungskollegen, wie auch die Privatwirtschaft. Strasser erhält seine Vorgaben von Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Drei Prozent waren es heuer, für 2003 stehen Budgetverhandlungen erst an.

Drei Prozent, das entspricht im Bereich des ganzen Innenressorts 900 Planstellen. Allein in der Zentrale in Wien sollen 200 Posten abgebaut werden, in den Landesgendarmeriekommanden werden 20 Prozent eingespart. Das geht nicht ohne grundlegende Strukturreformen, ohne eine Neuaufteilung der Arbeit.

Reformen waren im Innenministerium und den so genannten nachgeordneten Dienststellen ohnedies dringend notwendig, auch ohne Zwang zum Sparen. Strasser verknüpft nun diese beiden Notwendigkeiten und, irgendwie ganz praktisch, setzt dabei auch gleich eine weitere Maßnahme um: Rot raus, Schwarz rein. Das ist ärgerlich und steht im krassen Gegensatz zu Strassers viel strapaziertem Motto vom "rot-weißroten" Ministerium. Eines muss allerdings klar dazu gesagt werden: Bis zum Regierungswechsel im Februar 2000 waren nahezu alle Spitzenposten im Ministerium mit roten Gefolgsleuten besetzt - die wenigen Ausnahmen bestätigten die Regel. Strasser betreibt das Spiel seiner Vorgänger - mit umgekehrten Vorzeichen.

Dass die Exekutive (im roten Einflussbereich) auf die Straße geht, ist verständlich. Die Gewerkschafter protestieren allerdings weniger gegen Strassers Umfärbungsaktionen als gegen die Sparpläne. Glaubt man den Personalvertretern, steht die Exekutive an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit und kann weitere Einsparungen nicht ohne Auswirkung auf die Sicherheitslage verkraften. Die Reaktion der Personalvertreter auf die vorgelegten Reformkonzepte: Sie wurden "in ihrer Gesamtheit" abgelehnt. Der Innenminister scheint zwar einen autoritären Stil im Umgang mit seinen Verhandlungspartnern zu pflegen, die Personalvertreter machen es mit ihrer prinzipiell ablehnenden Einstellung aber nicht einfacher, einen Dialog herbeizuführen. Tatsächlich nehmen sich die Gewerkschafter die Möglichkeit, wenigstens in Detailfragen mitzuwirken. Die Konzepte an sich, das scheint festzustehen, werden von Strasser durchgesetzt, auch gegen massiven Widerstand.

Wer Personal einzusparen hat, muss die verbleibenden Ressourcen bündeln. Kommissariate, Wachzimmer und Gendarmerieposten, die entbehrlich erscheinen, werden aufgelöst, das bedeutet zwangsläufig aber auch, dass die Exekutive einen Schritt von den Menschen weggeht. Bürgernähe, wie wir sie kennen, auch wenn sie gelegentlich unangenehm war, wird es in diesem Ausmaß nicht mehr geben können.

Der Alleinschuldige ist aber nicht Strasser, es ist der Finanzminister, der ein Budget zu konsolidieren und alle Vorgaben dem Diktat des Nulldefizits anzupassen hat.

(DER STANDARD, Printausgabe, 21.6.2002)