Jerusalem - Als Reaktion auf die jüngsten palästinensischen Selbstmordanschläge erwägt die israelische Regierung die Ausweisung der Familien der Attentäter. Wie Kabinettssekretär Gideon Saar mitteilte, prüfte das Kabinett am Sonntag die juristischen Möglichkeiten. Medienberichten vom Samstag zufolge könnten die Familien, darunter Führer der radikalen Organisationen Hamas und Islamischer Jihad, vom Westjordanland in den Gazastreifen ausgewiesen werden. Ferner beschloss das Kabinett die Fortsetzung der Arbeiten an dem umstrittenen Grenzzaun zum Westjordanland. Dabei kam es nach Angaben des Rundfunks zu Meinungsverschiedenheiten zwischen rechtem und linkem Flügel über den Verlauf des Walls. Während linksgerichtete Regierungsvertreter für den Bau nahe der "grünen Linie" plädierten, votierte der rechte Flügel für eine Verschiebung der Befestigung in die Palästinensergebiete hinein. Beim Einrücken israelischer Panzer in ein Dorf bei Jenin töteten Soldaten am Sonntag nach palästinensischen Angaben einen Polizisten. Vier Palästinenser wurden in dem Dorf El Yamoun verletzt. Auch in Ramallah wurden fünf Palästinenser bei israelischen Militäraktionen verletzt. Wie angekündigt begann die Armee mit der Einberufung von tausenden Reservisten im Rahmen eines "Notprogramms". Angaben, wonach Israel im Zuge der Wiederbesetzung des Westjordanlands auch dessen Verwaltung übernehmen könnte, dementierte das Verteidigungsministerium. Wie der israelische Rundfunk unter Berufung auf Militärkreise berichtete, dauere der Einsatz für die Reservisten maximal 30 Tage, "wenn nötig" würden weitere Einberufungen folgen. Die Reservisten würden ausgebildet und anschließend in den "Kampf gegen den palästinensischen Terrorismus" geschickt. Seit Mittwoch wurden bereits tausende Reservisten einberufen. In einer Erklärung des israelischen Verteidigungsministeriums hieß es: "Es ist absolut nicht unsere Absicht, für die Einwohner palästinensischer Autonomiestädte eine israelische Regierung oder Militärverwaltung einzusetzen". Am Samstag hatte der Direktor des Verteidigungsministeriums, Amos Yaron, im Rundfunk erklärt, bei einer längerfristigen Besetzung des Westjordanlandes müsse diese Möglichkeit geprüft werden. Die Armee brachte seit Mittwoch sechs der acht autonomen Palästinenserstädte im Westjordanland unter vollständige oder teilweise Kontrolle. Sie reagierte damit auf zwei Selbstmordattentate mit insgesamt 26 getöteten Israelis und einen Überfall auf eine jüdische Siedlung mit fünf Toten. (APA)