Wien - Als die Freundin zum ersten Mal davon erfuhr, schlug sie buchstäblich die Hände vorm Gesicht zusammen: "Bitte hör auf damit! Ich will das nicht hören! Das ist un-männ-lich!"Natürlich gibt es landläufig gesehen "männlichere" sportliche Freizeitbeschäftigungen als Salsa. Kickboxen zum Beispiel. Und "Bauch-Bein-Po" ist überhaupt der Tabusport für richtige Männer. Hantel-schwingen und Eisenbiegen - okay. Aber "BBP"? Vergiss es. Oder tu es heimlich. Und dann gleich beides in Kombination: Salsa-Gymnastik mit "BBP"-Training. Kein Wunder also, dass man(n) im Kurs der VHS Hietzing schon zwei Semester lang als einziger männlicher Teilnehmer zu lateinamerikanischen Klängen schwitzt. "Flex der Fuß! Langsam das untere Bein nach oben führen! Nicht schleudern", korrigiert Martina den schwitzenden Schleuder-Schummler, nachdem sich die Gruppe zuvor schon bei Salsa- und Merengue-Schritten "aufgewärmt" und bei den hochsommerlichen Temperaturen eintranspiriert hat. Schwitzen passt aber auch absolut zur Musik. "Das hab' ich erfunden", erläutert Martina, wie es zu diesem VHS-Kurs kam. "In dieser Form und in dieser Kombination hat es das vorher eigentlich nicht gegeben." Aber dabei ist es doch eigentlich absolut nahe liegend, den ewigen Klassiker - das Straffen in den BBP-Regionen - mit dem derzeit in ganz Wien grassierenden Latin-Boom zu kombinieren. Und danach beim Bein-, Rücken- oder Nackendehnen ausklingen zu lassen. Der Andrang im Herbst 2001 war enorm, die Salsa-Gymnastik musste umgehend in zwei Einheiten verdoppelt werden - doch nur die Männer ließen aus. Ein paar Mal schauten welche vorbei, schwangen ein wenig die Hüfte - blieben dann aber wieder fern. Warum, ist eigentlich unklar. Denn warum sollten "hiesige" Männer nicht den Hüftschwung üben? Und warum nicht ihre "Problemzonen" trainieren? Warum keinen "Strammen" erstreben? Ganz abgesehen davon, dass - angeblich - einige Frauen zuallererst einmal auf den "Knackigen" schauen. Sofern vorhanden. "Das Bein noch näher zum Oberkörper", korrigiert Martina wieder. "Äh . . ., da ist aber der Bauch dazwischen", muss der einsame männliche Salsa-Gymnastiker zugeben. Die Gruppe kudert. Eigentlich nahe liegend, dass ein paar hier gern auch noch andere Männer in der Gruppe hätten (einige hingegen sind vielleicht auch froh, dass sie hier ihre Ruhe haben). Und umso mehr gilt das für die Sommerkurse, die Martina ab 1. Juli in der VHS Hietzing abhält: Da geht es einzig und alleine ums Salsatanzen - und auch hier herrscht eklatanter Männermangel. Und warum hierzulande so wenige Männer gerne tanzen, wird wohl ebenso ewiges Mysterium bleiben wie das Klischee vom nicht kochenden Mann. "Gestandene" Männer stehen immer nur mit der "Hülsen" vorm Holzkohlengrill - und denen entkommt nicht ein einziger Hüftwackler unterm Bierbauch. (Roman Freihsl/DER STANDARD, Printausgabe, 24.6.2002)