EU
Migrationsreport: Mehr als 700.000 Zuwanderer bei EU-Erweiterung
Experten: Arbeitgeber illegaler Einwanderer Teil des Problems
Berlin - Zwischen 700.000 und 900.000 Menschen in
Mittel- und Osteuropa wollen nach Erkenntnissen von
Migrationsexperten nach Westeuropa auswandern. Mit der
EU-Osterweiterung würden sie die Freizügigkeit nutzen, um in die
"alten" EU-Staaten zu kommen, heißt es in einer am Montag in Berlin
vorgestellten Trendanalyse des Migrationsreports 2002. Das hätten
Umfragen in Tschechien, der Slowakei, Polen und Ungarn ergeben,
erläuterte einer der Herausgeber des Reports, der
Bevölkerungswissenschaftler Rainer Münz. Berechnungen hätten ein Wanderungspotenzial aus den vier östlichen
Ländern nach Westen von insgesamt etwa vier Millionen Menschen
ergeben, führte Münz weiter aus. Diese Zahl umfasse alle Menschen,
die bei ihrer Befragung angegeben hätten, schon einmal an
Auswanderung gedacht zu haben. In Umfragen hätten die potenziellen
Migranten vor allem Schweden, Deutschland, Österreich, die Schweiz
und Italien als Ziele angegeben. Langfristig sei der demografische
Trend in den mittel- und osteuropäischen Staaten aber negativ: Mit
den kleiner werdenden nachrückenden Generationen werde die
Abwanderung aus diesen Ländern abebben, prognostizierte Münz.
Auch die Frage der illegalen Einwanderung werde in der
Europäischen Union in den nächsten Jahren an Bedeutung gewinnen,
sagte die deutsche Bundesausländerbeauftragte Marieluise Beck
(Grüne). "Der Wanderungsdruck auf das wohlhabende, reiche Europa"
werde zunehmen. "Es hat keinen Zweck, Migranten zu kriminalisieren,"
sagte Klaus Bade, Mitherausgeber des Reports, mit Blick auf die
Illegalen. Er erinnerte an die "Tatsache, dass hinter jedem illegalen
Arbeitnehmer auch ein illegaler Arbeitgeber steht". Der Arbeitgeber
sei Teil des Problems.
Beck forderte eine umfassendere Lösung statt lediglich die
Abschottung Europas gegen illegale Einwanderung. Als Beleg für das
Scheitern der Abschottungsstrategie verwiesen die Wissenschaftler auf
die USA. Dort sei in den 90er Jahren so viel Geld wie nie zuvor für
die Bewachung der Südgrenze zu Mexiko ausgegeben worden, dennoch
seien noch nie so viele Illegale ins Land gekommen.(APA)