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Schweres Geschütz: Die kanadische Armee sichert den G8-Gipfel mit Raketenwerfern

Foto: Reuters/Rick Wilking
Acht der mächtigsten Männer der Welt treffen sich in wenigen Tagen in der Wildnis Kanadas. Doch der kanadische Busch kennt nur einen wahren Herrscher: den Grizzly- Bären. Diese Tatsache müssen auch US-Präsident George W. Bush und der deutsche Kanzler Gerhard Schröder anerkennen. Wenn sie sich am 26. und 27. Juni im Dorf Kananaskis in der Provinz Alberta zum G-8-Gipfel treffen, betreten sie Grizzly-Territorium. Dort gelten andere Regeln als in der Weltpolitik. Um die Grizzly-Bären von den Politikern - und vor allem den Sicherheitsleuten - fern zu halten, läuft eine große "Operation Grizzly". Für acht Bären ist die unberührte Wildnis um die Hotelanlage in Kananaskis, wo das Treffen der Regierungschefs von acht Industriestaaten stattfindet, Jagdgrund. Diese acht Grizzlys wurden eingefangen, betäubt und mit einem Halsband und Sender versehen. Jetzt können Wildhüter und Sicherheitsleute jeden ihrer Schritte verfolgen und die Uniformierten im Wald rechtzeitig warnen. Rund 5000 kanadische Soldaten und 1500 Polizeibeamte werden die Siedlung Kananaskis, die im Wesentlichen aus zwei Hotels mit 400 Betten und einem Gemischtwarenladen besteht, minutiös überwachen. Dieser Ort am Fuß der Rocky Mountains ist eine Autostunde von der Stadt Calgary entfernt und wurde von Kanadas Regierungschef Jean Chretien wegen seiner Unzugänglichkeit gewählt. Das Dorf wird abgeriegelt und Globalisierungsgegner fern gehalten. Nach dem Terrorangriff vom 11. September 2001 will man nichts unbeachtet lassen. Die Grizzlys halten sich aber nicht an Sicherheitsbestimmungen. Damit nervös gewordene Leibwächter oder übereifrige Soldaten nicht losballern, wenn ein Bär in die Nähe kommt, müssen sie die Grizzly-Benimmschule besuchen. In einem Crashkurs lernen die Bewacher, immer Lärm zu machen, um von den Bären gehört zu werden, in Gruppen durch den Busch zu pirschen und beim Anblick eines Grizzlys den Rückzug anzutreten. Manche Naturschützer finden den Rummel unangebracht. Stephen Legault von der Organisation Wildcana- da.net sagt, er lebe seit zehn Jahren in der Gegend, lege jedes Jahr über 800 Kilometer als Wanderführer zurück und sei noch nie einem Grizzly begegnet. Im rund 4000 Quadratkilometer großen Naturgebiet von Kananaskis gebe es nur noch 40 bis 50 Grizzlys. Legault findet es unethisch, die Bären einer Vollnarkose auszusetzen. "Wer schützt die Grizzlys vor den Politikern?" fragt er. Die Sicherheitsoperation für das 30 Stunden dauernde Gipfeltreffen ist die größte in der kanadischen Geschichte. Sie wird 200 bis 350 Millionen Euro kosten.