Salzburg -Genügt es, den Behördenvorschriften zu entsprechen, oder gibt es ein darüber hinausgehendes Maß an Verantwortung? Um diese - in dieser Form aber nicht formulierte - Frage drehte sich alles bei dem am Montag im Salzburger Kolpinghaus fortgesetzten Strafprozess zur Brandkatastrophe von Kaprun. Der fünfte Prozesstag wurde mit der Einvernahme des Betriebsleiters der Gletscherbahnen, Günther Brennsteiner (41), fortgesetzt. Im Vergleich zu dem von Richter Manfred Seiss in Aussicht gestellten voraussichtlichen Zeitplan liegt man derzeit mit zwei Tagen im Rückstand. Folgt man den Ausführungen Brennsteiners, war das Sicherheitskonzept bei der Stollenbahn auf das Kitzsteinhorn relativ einfach: Es habe zwar auch Bergeübungen für den Fall eines Stillstandes der bei den Züge gegeben, im Prinzip ging es aber darum, die Wagen bei einer Havarie rasch in die Stationen zu bringen. Es sei ihm, Brennsteiner, nicht bekannt, "dass an diesem Konzept gezweifelt wurde" - weder von den Behörden noch von anderen Seilbahnexperten. Das nach dem Unglück immer wieder kritisierte Fehlen von Sicherheitseinrichtungen wie Notbremsen, Nothämmern oder mechanischen Türöffnern in der Fahrgastzelle sei ebenfalls von den Behörden vorgegeben worden: Bei eigenständigem Agieren der Fahrgäste wäre die Gefahr, dass jemand von der Rampe vor dem Tunnelportal abstürzt oder im Tunnel in die Gleisanlage fallen könnte, zu groß gewesen. Quasi als Beleg für sein reines Gewissen und auch dafür, dass niemand einen derartigen Brand in Betracht ziehen konnte, führte Günther Brennsteiner schließlich seine eigene Familie an: Immerhin sei sein zehnjähriger Sohn zwei Fahrten vor der Katastrophe auf den Gletscher gefahren. (neu, stet/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2002)