Literatur
"Prophet ohne Anerkennung"
"Urlaub vom Nichts": Internationales Günther-Anders-Symposion in Wien
Wien - Aus Anlass des 100. Geburtstags (12. 7.) und des 10.
Todestages (17. 12.) des österreichischen Philosophen Günther Anders
veranstaltet das Günther Anders Forum im ORF-Funkhaus (Studio 3) ein
internationales Symposium (27. und 28. 6.). Die in Kooperation mit
den Wiener Vorlesungen, der Wissenschaftsabteilung der ORF-Radios,
dem Institut für Philosophie der Universität Wien und dem C. H.
Beck-Verlag organisierte Veranstaltung mit dem Titel "Urlaub vom
Nichts" beleuchtet Leben und Werk des vehementen Technikkritikers. Der erste Tag ist unter dem Motto "Zur Welt hinzugekommen..." dem
Leben Günther Anders gewidmet. Den Eröffnungsvortrag (27. 6., 15 Uhr)
zur "Weltfremdheit" Anders' hält der Wiener Philosophieprofessor
Konrad Paul Liessmann, der aus den gegebenen Anlässen auch eine
Anders-Biografie ("Günther Anders. Philosophieren im Zeitalter der
technologischen Revolutionen", C.H. Beck) vorlegte. Dirk Röpcke, Autor und Betreiber der
Webpage
www.guenther-anders.net
, spricht im Anschluss zu "Frau
Nu und die surrealistischen Geheimräte", der Regisseur und Autor
David Michaelis schildert Anders als einen "Prophet ohne
Anerkennung". Über "Drei Wege ins 20. Jahrhundert" des Braunschweiger
TU-Professors Werner Deutsch kommt das Symposium zum Abschluss des
ersten Tages zum "Nullpunkt Tod", einer Behandlung von Anders'
Biographie durch den Leiter des Anders-Forums Raimund Bahr.
"Welt
ohne Mensch"
Dem Werk Anders' ist der zweite Symposiumtag unter dem Titel "Welt
ohne Mensch" gewidmet, der mit dem Vortrag "Philosophie verkehrt" der
Berliner Uni-Professorin Gabriele Althaus den Auftakt nimmt. Karin
Maire vergleicht Günther Anders und Hannah Arendt unter dem
Gesichtspunkt der Verantwortung ("Der Täter und sein Gewissen"), der
Berliner Uni-Dozent Ernst Schraube widmet sich der "Psychologie der
Technik". Armin Anders merkt bei "MenschOhneWeltOhneMensch" so
manches zu seiner "Indifferenz zur Antiquiertheit von Günther Anders
und zur Irrelevanz alles Menschlichen" an, Wendelin Schmidt-Dengler
spricht bei "Der verwüstete Mensch" über Anders als
Literaturkritiker.
"Hommage an Günther Anders"
Zum Ausklang gibt es am 29. 6. (19 Uhr) im Literaturhaus in Wien
eine "Hommage an Günther Anders", bei der, nach einem weiteren
Vortrag von Liessmann ("Die Sprache des Philosophen. Günther Anders
als Schriftsteller"), geladene Gäste und das anwesende Publikum in
einer "Lesung zu später Stunde" Texte von Anders lesen werden.
Anders wurde 1902 als Günther Stern in Breslau als Sohn des
Begründers der Differenzialpsychologie William Stern geboren. Er
promovierte 1923 bei Edmund Husserl in Freiburg. 1936 emigrierte
Anders nach Amerika, 1950 kehrte er nach Europa zurück und ließ sich
in Wien nieder, wo er auch starb. 1945 hatte Anders begonnen, sich
mit der atomaren Situation auseinanderzusetzen. Er war Mitinitiator
der internationalen Anti-Atombewegung. 1956 erschien sein
einflussreiches Buch "Die Antiquiertheit des Menschen. Über die Seele
im Zeitalter der zweiten industriellen Revolution". (APA)