Kunst
"Umwidmung kommt nicht in Frage"
BAWAG-Designcenter - Planungsstadtrat hält nur Baugenehmigung für provisorisches Gebäude für realistisch
Wien - Dieser Tage feiert das Wiener MuseumsQuartier (MQ)
seinen ersten Geburtstag. Baulich ist der Endzustand noch nicht
erreicht, wie die laufenden Arbeiten im Fischer von Erlach-Trakt
beweisen, wo am 13. September das Quartier 21 eröffnet wird. Doch
auch der Traum eines deutlichen architektonischen Zeichens wird
weiter geträumt. Ein solches könnte an der Ecke zur Mariahilfer
Straße entstehen. Seit drei Jahren gibt es die Idee, hier ein
Designcenter zu errichten. Architekt Laurids Ortner wartet auf
konkrete Vorgaben. Doch zwischen dem Projektbetreiber BAWAG und der
Stadt Wien wird der Ball hin und her gespielt. Denn eines ist klar:
Der Standort ist hoch sensibel. Und eine zweite Leseturm-Diskussion
möchte niemand. Seit Mitte 1999 verfolgt die BAWAG das Projekt eines von ihr
errichteten und betriebenen Designcenters. Ursprünglich als
Bespielungsmöglichkeit des Akademiehofes angedacht, kam schon bald
der prominente Standort vor dem MuseumsQuartier ins Spiel, der am
Angang der Mariahilfer Straße eine ideale Schnittstelle zwischen
Kunst und Kommerz bilden könnte. Brigitte Groihofer erstellte für die
BAWAG eine umfangreiche Studie, in der die bisherigen Defizite Wiens
und die Möglichkeiten der Bank, sich auf dem Feld des Designs zu
profilieren, betont werden. "Was in Wien fehlt, ist ein lebendiges,
handlungsfähiges und innovatives Zentrum, das in viele Richtungen
wirkt und das sich vor allem als Dienstleister und Vermittler sieht",
so Groihofer. "Neben klassischen Ausstellungen und
Präsentationen steht also die Kommunikation und Vernetzung im
Mittelpunkt."
Attraktiv
In der aktuellen Variante sollen neben Räumen
für Präsentationen, Veranstaltungen und Wechselausstellungen auch die
anderen Institutionen des BAWAG-Kultursponsorings, die Foundation und
die Edition Literatur, untergebracht werden. Die Architekten Ortner &
Ortner, die wegen der unmittelbaren Nachbarschaft zum MQ den Auftrag
erhalten sollen, haben bereits vor längerem Entwurfszeichnungen
vorgelegt. "So ein Projekt muss architektonisch attraktiv sein", sagt
Laurids Ortner, der nach wie vor der Meinung ist, das MQ brauche ein
"entsprechendes Zeichen nach außen". Die derzeit angedachte
mehrgeschossige gläserne Konstruktion, die sich in der Gebäudehöhe am
Kunsthistorischen Museum orientiert und ihren Eingang im Untergeschoß
hat, wäre nur "ein erster Ansatz": "Es wäre aber auch denkbar, die
Sache in einem künstlerischen Sinn forcierter zu gestalten."
Ortner, der das Projekt als "vorbildliche Form von Public Private
Partnership" sieht, wartet auf einen klaren Auftrag zur
Weiterentwicklung seiner Entwürfe. "Es nutzt nichts, wenn hier der
Architekt meint, mit seinen Vorstellungen müsse er die Türen
einrennen. Zuerst muss die Chemie zwischen den Partnern (Stadt Wien
und BAWAG, Anm.) stimmen." Dazu scheint man nach einem in den
vergangenen Wochen vorgenommenen Austausch der gegenseitigen
Vorstellungen derzeit aber weiter entfernt denn je. "Wir können dazu
nichts sagen, der Ball ist nicht bei uns", ist das einzige Statement,
das sich BAWAG-Pressesprecher Dieter Pitschmann dazu entlocken lässt.
- "Wenn's die BAWAG haben möchte, dann muss sie aktiv werden. Zur
Zeit hab' ich allerdings nicht den Eindruck", wähnt sich Wiens
Planungsstadtrat Rudolf Schicker (S) jedoch ganz und gar nicht im
Ballbesitz.
Zahlreiche grundlegende Fragen harren derzeit noch der Klärung.
Der ins Auge gefasste Bauplatz, bei dem auch die bestehende Passage
mit Unterführung und U2-Zugang einbezogen werden soll, ist von den
Eigentumsverhältnissen wie von den bestehenden baurechtlichen
Widmungen höchst kompliziert. Zunächst muss mit Bund, Stadt Wien und
den Wiener Linien Einvernehmen erzielt werden.
Stadtrat Rudolf Schicker stellt zwei Dinge klar:
"Eine Umwidmung (des zum Teil als 'Wäldchen' gewidmeten Geländes,
Anm.) kommt dort nicht in Frage." Und: Realistisch hält er nur die
Erteilung einer Baugenehmigung nach Paragraph 71 der Bauordnung, also
nicht für ein dauerhaftes, sondern nur für ein provisorisches
Gebäude. "Eine unbefristete Baugenehmigung halte ich für
unrealistisch." Ein Problem für den Projektbetreiber sieht er darin
jedoch nicht: "Entweder will man das bauen - oder nicht..."
Klare Absichtserklärungen sind jedoch angesichts der Situation der
Beteiligten derzeit nicht zu erwarten, vermuten Beobachter. Demnach
wolle Wiens Bürgermeister Michael Häupl (S) ohne vorherigen Segen des
"Kronen Zeitung"-Machers Hans Dichand keine weitere
Architektur-Diskussion riskieren und der 2003 scheidende BAWAG-Chef
Helmut Elsner seinen Nachfolger nicht vor vollendete Tatsachen
stellen. Rudolf Schicker: "Klar ist, dass wir an diesem Standort sehr
sensibel vorgehen müssen."
"Es gibt international eine ganze Reihe von sehr erfolgreichen und
höchst lebendigen Institutionen, mit denen auch schon Kontakt
aufgenommen wurde und die nur darauf warten, endlich einen
Kooperationspartner in Österreich zu haben", sagt Design-Expertin
Brigitte Groihofer. Durchaus möglich, dass sie noch länger warten
müssen.
(APA)