Berlin - Überraschend deutlich stellte sich der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hinter die Vorschläge der so genannten Hartz-Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes. Schröder, der gerade in Kanada wegen des bevorstehenden G-8-Gipfels unterwegs ist, kündigte an, unmittelbar nach seiner Rückkehr bei den Gewerkschaften für die Vorschläge zu werben. "Ich werde mit den wichtigsten Gewerkschaftsführern reden", so der SPD-Chef. Von den Gewerkschaften war bereits Widerstand gegen die vom Kommissionsvorsitzenden Peter Hartz präsentierten Pläne angekündigt worden. Pauschalierung des Arbeitslosengeldes Wie berichtet , sehen die Vorschläge der Kommission unter dem Vorsitz des VW-Personalchefs unter anderem eine Pauschalierung des Arbeitslosengeldes in den ersten sechs Monaten, Unterstützung in Höhe der Sozialhilfe für Langzeitarbeitslose, eine Verschärfung der Zumutbarkeitsregeln für eine Jobannah- me und die Vermittlung von Leiharbeitskräften durch die Arbeitsämter vor. Vor allem eine Pauschalierung des Arbeitslosengeldes lehnen die Gewerkschaften ab. Schröder verteidigte indes Hartz: Dessen Reformvorschläge würden "ein großes Maß an sozialer Verantwortung und sozialer Sensibilität" zeigen. Die Pläne seien eine große Chance, Bewegung in den deutschen Arbeitsmarkt zu bringen. "Und ich werde sie nutzen", so Schröder. Gute Chancen Da auch der Kanzlerkandidat der Union, Edmund Stoiber, die Pläne der Hartz-Kommission begrüßte, haben die Vorschläge unabhängig vom Wahlergebnis im September gute Chancen, zumindest teilweise umgesetzt zu werden. Stoiber nannte konkret die Änderung der Zumutbarkeit bei der Annahme von Arbeit und die Förderung von Einstiegstarifen. Solche Vorschläge stünden auch in seinem Regierungsprogramm. Eine Pauschalierung und Absenkung des Arbeitslosengeldes lehnte Stoiber dagegen wie die Gewerkschaften ab: "Das ist ein Irrweg, den ich nicht mitmache. Das ist sozial ungerecht und widerspricht dem Versicherungsprinzip." Die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung würden sich nach der Einkommenshöhe richten, daher müsse sich auch das Arbeitslosengeld danach orientieren, so Stoiber. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe 26.6.2002)