Wien - Beim Postbus drehten sich auch am Mittwoch - streikbedingt - nur wenige der 1600 Lenkräder. Die rund 3000 Beschäftigten nützten den "arbeitsfreien" Tag, um mit Aktionismus gegen die "drohende Zerschlagung des Unternehmens" zu protestieren. 33 Postbusse fuhren durch Wien. Unter dem Signalton des alten Posthorns wurden vor dem Parlament, dem Verkehrsministerium und dem (Noch-)Postbus-Eigentümer ÖIAG Kränze niedergelegt - die angekündigte Demonstration mit 500 Teilnehmern blieb allerdings aus. Schätzungen zufolge waren nur rund 150 bis 200 "Postbusler" anwesend.Zahlreiche Schüler nutzten die Gunst der Stunde und blieben dem Unterricht fern, obwohl Ersatz für den fahrenden gelben Untersatz angeboten wurde. In Kärnten und Tirol blieben mehr Schüler daheim als am Dienstag, hieß es bei der Postbus AG. Prinzhorn fordert Wettbewerb Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn plädierte für die Privatisierung des Unternehmens, das in einem ersten Schritt an die ÖBB übertragen werden soll. Dem FP-Wirtschaftssprecher sind besonders die "pragmatisierten Streikenden", die an einem arbeitsfreien Arbeitstag Gehälter bekommen, die aus Steuergeldern bezahlt werden, ein Dorn im Auge. "Das ist das beste Argument dafür, dass die Privatisierung noch viel früher, rascher und umfangreicher kommen muss", so Prinzhorn. Prinzhorn will mehr Wettbewerb im Nahverkehr in Österreich, die Verkehrsversorgung sei auch bei einer Teilprivatisierung des Postbusses nicht gefährdet. "Auch im hintersten Tal kann Wettbewerb stattfinden", meinte er. Einen Zwang zur weiteren Privatisierung des Postbusses nach der Übertragung an die ÖBB aus kartellrechtlichen Gründen sieht Prinzhorn übrigens nicht. Der Verkauf an die ÖBB sollte Synergien in Höhe von rund 40 Mio. Euro bringen, danach sollte der gesamte Busbereich ausgegliedert werden. Details ließ er offen. Es gebe aber zwei Möglichkeiten: die eine, Konzessionen auszuschreiben. Die andere: eine Finanzbeteiligung am Post-/Bahnbus. Keine Arbeitsplatzgarantie Bewegung kam indes in die Position des Gewerkschaftsbundes. Man forderte überraschend keine schriftliche Arbeitsplatzgarantie mehr, sondern nur die Erhaltung der Arbeitsplätze. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch glaubt an ein Einlenken der Regierung nach den Warnstreiks. "Ich bin überzeugt, dass die Regierung die Signale versteht", sagte er bei einer Versammlung von rund 500 Postbus-Mitarbeitern in Wien-Erdberg. Der ÖGB-Boss sprach sich gegen die "planlose Teilprivatisierung des Unternehmens" aus. Grünes Licht für einen unbefristeten Streik gibt es noch nicht. (ung, APA, DER STANDARD, Printausgabe 27.6.2002)