"Deutschland kann kein Gegner sein" - Kahn sei zwar
"ständig schlecht gelaunt, aber der beste Torwart der Welt"
Redaktion
,
Rio de Janeiro - Der Einzug ins Finale der Fußball-WM
gegen Deutschland hat in Brasilien eine "Freudenexplosion" ausgelöst.
"Überall hat sich am Mittwoch nach dem Abpfiff die Anspannung in
einer Explosion von Freudenschreien, Tanzen und Lachen entladen, es
war Volksfest", so die Zeitung "Folha". Nach dem 1:0-Erfolg der
Südamerikaner über die Türkei liefen Hunderttausende vormittags gegen
10:30 Uhr aus Restaurants, Kneipen und Büros auf die Straßen. In Rio
und Sao Paulo wurde von Balkonen und Bürofenstern herunter immer
wieder "Brasil" und, in Anspielung auf den erhofften fünften
WM-Titel, "Penta, Penta" geschrien.
Wirtschaftskrise ?
Die vorwiegend in den Landesfarben gelb und grün gekleideten Fans
feierten mit Trommeln, Trillerpfeifen, Tröten und Samba-Schritten. In
Sao Paulo bildete sich auf der Hauptavenue Paulista ein
kilometerlanger Stau, während sich am Copacabana-Strand in Rio
Menschen begeistert in die Arme fielen. In
Nobelvierteln und Slums wurden Feuerwerke abgeschossen. "Ich müsste
jetzt eigentlich zur Arbeit, aber heute bleiben wohl alle Büros
leer", meinte ein junger Bote in Sao Paulo, wo die größte Börse
Lateinamerikas wegen des Spiels erst am Nachmittag öffnen wollte.
"Die Wirtschaftskrise interessiert heute niemanden", beteuerte ein
Aktienhändler.
Die Straßen der Großstädte des Landes waren während des Spiels wie
leer gefegt gewesen. Die meisten Menschen verfolgten das Spiel gegen
die Türkei zu Hause oder im Büro, in Restaurants oder Kneipen. "Es
war zwei Stunden lang alles still und leise, Brasilien saß Nägel
kauend vor dem Bildschirm", meinte ein Radio-Kommentator. Die
TV-Übertragung erreichte einen Einschaltquoten-Rekord von 90 Prozent.
Größere Menschenansammlungen sahen das Spiel in den Übungshallen der
Karneval-Vereine, sowie auf der Hauptstraße des Rio-Slums Bento
Ribeiro, wo Sturmstar Ronaldo geboren wurde.
In der Kleinstadt Lagoa de Prata im Bundesland Minas fuhren die
Autokolonnen unterdessen hupend am Geburtshaus von Lokalmatador
Gilberto Silva, dem jungen defensiven Mittelfeldmann der "Selecao",
vorbei. Gilbertos Vater Nizio meinte, was die meisten Brasilianer
jetzt denken: "Und am Sonntag feiern wir den Titel, Deutschland kann
doch kein Gegner sein, wir müssen nur die Hausaufgaben gut machen".
"Rivaldo gegen Kahn"
Für die Zeitung "Estado", die das "deutlich überlegene" Spiel der
Brasilianer gegen die Türkei würdigte, kann das Endspiel auf das
Duell "Rivaldo gegen Kahn" reduziert werden. "Da entscheidet es sich
auch, wer der beste Spieler dieser WM wird", heißt es. Kahn sei zwar
"ständig schlecht gelaunt, aber der beste Torwart der Welt". "Estado"
meinte, der Finalgegner Deutschland sei "gegen jede Voraussicht" so
weit gekommen. Kahn und die Abwehr hätten Deutschland "ins Finale
gezerrt".
Mit dem eigenen Team waren die Medien auch nicht ganz unkritisch.
"Eine Einzelleistung von Ronaldo hat uns in das Endspiel gebracht",
schrieb "Estado".
(APA/dpa)
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