Angeblich freut sich der Österreicher nicht besonders über deutsche Siege bei der Fußballweltmeisterschaft. Weiß Gott, woran das liegt. Doch es gibt einen, der da nicht mitmacht: den Wiener FPÖ-Gemeinderat Harald Stefan, ein an sich unauffälliger junger Mann, freilich mit Narben am Kinn, die auf den unter so genannten schlagenden Burschenschaftern üblichen Hang zur Selbstverstümmelung hindeuten.Als nun während einer Gemeinderatsdebatte zum Thema Kultur die Nachricht vom Sieg Deutschlands über Südkorea hereinkam, sagte Stefan: "Wir haben gewonnen!" Laut stenografischem Protokoll sagte er dann noch erläuternd: "Die Deutschnationalen haben gewonnen." Zu seinen Gunsten sei angenommen, dass er das denn doch nicht sagte, sondern eher "die deutsche Nationalmannschaft hat gewonnen". Da aber nach dem ersten "wir" schon Unruhe laut wurde, fügte er noch hinzu: "Die letzte europäische Mannschaft hat gewonnen." So rettet sich ein im Innersten deutsch fühlender Wiener FPÖler aus dem Deutschnationalismus in den Europa-Chauvinismus. Zum Endspiel Deutschland - Brasilien sitzt der Abgeordnete Stefan vermutlich aber doch wieder in Schwarz-Rot-Gold gehüllt vor dem Fernseher. (DER STANDARD, Printausgabe, 27.6.2002)