Straßburg - Der Europarat hat eine Liste der Verpflichtungen verabschiedet, die Jugoslawien vor der geplanten Aufnahme als Mitglied des Europarates erfüllen muss. Das teilte der Generalsekretär des Europarates, Walter Schwimmer, am Donnerstag in Straßburg mit. Mit der Aufnahme Jugoslawiens will der Europarat noch in diesem Jahr den neben Weißrußland größten weißen europäischen Fleck auf seiner Mitgliederkarte tilgen. Der Europarat ist offenbar bereit, auch demokratische und rechtsstaatliche Mängel für eine Einbindung Jugoslawiens in den Europarat in Kauf zu nehmen. Die Liste wird nun der jugoslawischen Regierung sowie den beiden Landesteile Serbien und Montenegro zur Stellungnahme und Zustimmung durch die jeweiligen Parlamente und Präsidenten zugesandt. Damit ist der weitere Fahrplan mit der entscheidenden Befürwortung der Aufnahme durch die Versammlung des Europarates Ende September und dem offiziellen Vollzug durch das Ministerkomitee im November weitgehend vorgezeichnet. Unter den 306 Parlamentariern aus den 44 Mitgliedstaaten besteht Übereinstimmung darin, dass ähnlich wie im Fall Bosnien-Herzegowina die Aufnahme des Landes ein wesentlicher Beitrag zur Stabilisierung des neuen und noch fragilen Staatsgebildes aber auch der gesamten Region auf dem Balkan ist. Problem Mitrovica Für die Einbindung Jugoslawiens in das Rechtssystem des Europarats ist die Versammlung bereit, auch Mängel bei der Erfüllung der rechtsstaatlichen und demokratischen Voraussetzungen in Kauf zu nehmen. Überrascht hat in Straßburg aber dennoch, dass darauf verzichtet wurde, ausdrücklich auf dringend zu lösende Probleme aufmerksam zu machen. Gemeint ist unter anderem das Gebiet von Mitrovica, das im Norden des Kosovo an Serbien grenzt. In diese inzwischen überwiegend nur noch von serbischer Bevölkerung bewohnten Region, bestehen weiter enge Verknüpfungen zu Belgrad, und damit Parallelstrukturen zu der von den Vereinten Nationen übernommenen Interimsverwaltung (UNMIK) im Kosovo. Ausdrücklich müsste nach Auffassung des Rechtsausschusses des Europarates auch darauf hingewiesen werden, dass mit dem Beitritt von Jugoslawien nicht automatisch alle wesentlichen Normen des Europarats für alle Bürger garantiert seien, insbesondere auf dem Gebiet der Menschenrechte. Faktisch werde der Gang zum Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg für Kosovo-Albaner nämlich ausgeschlossen. Zur Begründung hieß es, nicht ein Bewohner dieser Region werde, wenn er sich in seinen Grundrechten verletzt fühle, zunächst die jugoslawischen Gerichte anrufen. Die Ausschöpfung des nationalen Rechtsweges aber ist Voraussetzung für die Einreichung einer Beschwerde in Straßburg. Ungeklärt bleibt auch die Frage, welche Möglichkeiten den Bewohnern des Kosovo offen stehen, wenn sich ihre Klagen wegen einer Grundrechtsverletzung gegen die UNMIK richten, denn die UNO-Interimsverwaltung will sich nicht der Straßburger Rechtsprechung unterwerfen, wie der Berichterstatter des Rechtsausschusses, Helmut Lippelt, erläuterte.(APA)