Wien - Weitere Kursbereinigungen bei High Tech-Aktien unter
dem Eindruck des WorldCom-Skandals erwartet die Anglo Irish Bank
(AIB) in Wien. "Viele Titel sind nach wie vor überbewertet", sagte
Martin Wachter, Geschäftsführer der AIB-Tochter Anglo Irish Bank
(Austria) Kapitalanlagegesellschaft (KAG) zur aktuellen Entwicklung
der Aktienmärkte.
Insgesamt sei jetzt ein "Negativ-Hype" zu beobachten, eine
Umkehrung der Situation von vor zwei, drei Jahren, meint Wachter.
Wurde damals fast jeder "Dot.com-Titel" gekauft, so würden diese
heute geradezu zwanghaft abgestoßen. Am Höhepunkt des
Technologiebooms belächelte Kennzahlen wie Kurs-Gewinn-Verhältnis
(KGV) oder Umsatzwachstum seien jetzt wieder wichtig, ebenso
ordentliche Bilanzierung und Buchführung.
Markt ist "unberechenbar"
Der Markt sei "unberechenbar" mit einer stark nach unten zeigenden
Tendenz, so Wachter. Bei Technologie-Aktien gebe es derzeit das
Phänomen der so genannten "Bear-Markt Rally": Broker kaufen
Technologie-Papiere nach größeren Kursverlusten, um sie bei einem
leichten Anstieg sofort wieder mit Gewinnen zu verkaufen. Da dies
privaten Anlegern nicht möglich ist, meiden sie diese Titel meist
grundsätzlich.
Die aktuelle Situation sei eine "wirtschaftlich normale
Marktbereinigung", wie sie seinerzeit auch bei
Eisenbahngesellschaften, Autoherstellern oder in der Computerbranche
stattgefunden habe. Große, substanziell abgesicherte Werte sollten
gestärkt aus diesem Umfeld hervorgehen.
Viele Technologietitel nach wie vor für überbewertet
Trotz des allgemeinen Kursverfalls hält Wachter viele
Technologietitel nach wie vor für überbewertet und rechnet mit
weiteren Kursbereinigungen, etwa beim Chiphersteller Intel. Das
Unternehmen mit einem Börsewert von 120 Mrd. Dollar (121 Mrd. Euro)
erwirtschaftet derzeit lediglich einen Umsatz von 27 Mrd. Dollar. Bei
IBM stehe dem derzeitigen Börsewert von 136 Mrd. Dollar immerhin ein
Umsatz von 86 Mrd. Dollar gegenüber. "Diese Relationen müssen noch
korrigiert werden", erwartet Wachter.
Die auf Fondsmanagement spezialisierte AIB-KAG hat in den
vergangenen Monaten den Anteil von Technologie-Titeln in ihren
Aktienfonds reduziert. Die Bank setzt derzeit verstärkt auf nicht
zyklische Titel wie Lebensmittel, Tabakkonzerne oder
Energieversorger.
Trotz des Abwärtstrends an den Weltbörsen rät Wachter derzeit zu
investieren. Kleinanleger sollten regelmäßig einen fixen Betrag in
Investmentfonds anlegen und drei bis fünf Jahre abwarten. Langfristig
sollten sich Aktienfonds rentieren, bei einem monatlichen
Vermögensaufbau sei ein Einstieg durchaus ratsam, auch wenn es in
nächster Zeit noch bergab gehen könne.(APA)