Etat
Journalistengewerk- schaft warnt vor "Slowakischen Berlusconi" Rusko
Behörden gehen Affären oft nicht nach - "Gewaltiger Druck" auf Staatsfernsehen - Schwierige wirtschaftliche Situation
Der "slowakische Berlusconi" Pavol Rusko will den
Einfluss auf die Medien seines Landes offenbar ausweiten. Der
Miteigentümer von "Markiza", des mit einem Marktanteil von 70 Prozent
zweiterfolgreichsten Privatsenders Europas, kontrolliere mittlerweile
auch die Tageszeitung "Narodna obroda" "und vielleicht noch etwas
anderes", sagte der Generalsekretär der slowakischen
Journalistengewerkschaft (SSN), Peter Zeman, vor Journalisten in
Preßburg. Auch bemühe er sich um Einfluss auf das Staatsfernsehen
STV. Unterdessen steigen laut Zeman vor der Parlamentswahl im
September die Popularität und die Umfragewerte von Ruskos "Allianz
des neuen Bürgers" (ANO)."Viele Hindernisse" für die Arbeit der Journalisten
Auch nach dem Ende der Regierung des umstrittenen
Ministerpräsidenten Vladimir Meciar im Jahr 1998 würden die
politischen Parteien "viele Hindernisse für die Arbeit der
Journalisten aufstellen", meinte Zeman. So komme es vor, dass bei
Demonstrationen der Journalistenausweis nicht anerkannt werde. Die
Journalistin Klara Grosmannova beklagte, die staatlichen Behörden
gingen von Journalisten aufgedeckten Affären und Skandalen nicht
nach. Statt Untersuchungen einzuleiten, "wächst in der Praxis oft
Gras über die Sache". Der Vorsitzende des slowakischen
Verlegerverbandes (ZVPTS), Milos Nemecek, sagte, viele Beamte und
sogar Richter hätten auch heute noch Angst, "dass sich bald politisch
wieder etwas ändert".
"Gewaltiger Druck"
Es werde "gewaltiger Druck auf das öffentliche Fernsehen
ausgeübt", kritisierte Zeman den Fall zweier STV-Journalisten, die
entlassen wurden, weil sie sich geweigert hatten, den Medienmagnaten
Rusko auf Weisung des Generaldirektors in ihre Talkshow einzuladen.
Harsche Kritik übten sowohl Zeman als auch Nemecek am Entwurf eines
neuen Mediengesetzes, das derzeit im slowakischen Parlament
diskutiert wird. Anders als im Ausland üblich soll damit von Gesetzes
wegen ein Medienrat als Kontrollinstanz eingerichtet werden. Sowohl
Journalisten als auch Unternehmer hätten sich gegen diesen Vorschlag
ausgesprochen, betonte Zeman: "Da stellt sich die Frage, für wen
dieses Gesetz dann überhaupt gut sein soll".
Schwierige wirtschaftliche Situation
Die beiden Medienvertreter wiesen auch auf die schwierige
wirtschaftliche Situation auf dem slowakischen Zeitungs- und
Zeitschriftenmarkt hin. Während die Zahl der Titel bis zum Jahr 1996
gewachsen sei, gebe es nun einen Rückgang. Erst kürzlich sei die
ehemalige Gewerkschaftszeitung "Praca" eingestellt worden, 36
Journalisten hätten ihre Arbeit verloren. (Als Titel besteht die
Zeitung vorerst für drei Monate weiter; er wurde vom Passauer Verlag
übernommen.) Besonders nachteilig wirke sich für die Zeitungen die
Tatsache aus, dass "wir alles in Weltmarktpreisen bezahlen müssen",
während sich die Verkaufs- und Anzeigeneinnahmen auf dem sehr
niedrigen slowakischen Niveau bewegten, beklagte Nemecek.
Tageszeitungen eher im rechten politischen Spektrum
Entwicklungspotenzial sieht Nemecek vor allem im Segment der
Regionalmedien, das aus politischen und sozialen Gründen in der
Slowakei bisher sehr schwach entwickelt sei. Politisch seien
praktisch alle Tageszeitungen eher dem rechten politischen Spektrum
zuzuordnen, auch wenn lediglich "Novy dien" eine klare
parteipolitische Ausrichtung vertrete. Sie wird von der Tochter
Meciars geleitet und steht gilt als Sprachrohr von dessen Bewegung
für eine demokratische Slowakei (HZDS).
"Wilde Privatisierung"
60 bis 70 Prozent der Auflage der slowakischen Tagespresse wird
laut Nemecek von ausländischen Unternehmen kontrolliert, vor allem
vom Passauer Verlag (Qualitätszeitung "Sme" und "Praca"), Gruner+Jahr
und Ringier (Boulevardzeitung "Novy cas"), sowie Handelsblatt/Wall
Street Journal (Wirtschaftszeitung "Hospodarske noviny"). Die
ausländischen Medienunternehmen seien Anfang der 90er Jahre in das
von der kommunistischen Partei hinterlassene "Vakuum" vorgestoßen und
hätten im Zuge einer "wilden Privatisierung" Titel "für fast nichts"
erworben. Weiterhin in slowakischem Besitz seien lediglich die
Zeitungen "Narodna obroda" und "Pravda". (APA)