Wien - Mehr als ein Drittel der Studenten der Wiener Wirtschaftsuni (WU) will nach dem Studium eine Firma gründen. Entgegen dem Klischee ist die Alternative, nämlich eine Karriere im öffentlichen Dienst, am wenigsten attraktiv. Manko bei der Gründungslust: Der Löwenanteil der Absolventen will sich mit professionellen Dienstleistungen selbstständig machen. "Die technologiebasierten Bereiche werden völlig außer Acht gelassen." Dies sagte Nikolaus Franke, Professor für Entrepreneur- ship und Gründungsforschung an der WU, unter Berufung auf eine Studie. Die Technikscheu sei aber kein spezifisch österreichisches, sondern ein europäisches Problem. In den USA sei die Technologiefantasie dagegen wesentlich größer. Ein Drittel der Managementstudenten am MIT in Boston will in den Hightechbereich. Interdisziplinäre Teams

Um angehende Volks- und Betriebswirte zu mehr Technologiegründung zu animieren, setzt Franke auf interdisziplinäre Teams, sprich eine intensivere Vernetzung mit technischen Universitäten. Damit soll in den Köpfen von WU-Studenten das Bewusstsein erzeugt werden, dass man auch im Technologiebereich "was Anständiges" machen kann. Dazu müssten beide Seiten aber sprachliche und inhaltliche Verständigungsprobleme ausräumen, erläutert der WU-Professor. Hintergrund für Frankes Ruf nach mehr Technologiegründungen: Von Hightechfirmen gehen viel höhere Wachstums-und Beschäftigungsimpluse aus als von professionellen Dienstleistern.

In dieselbe Kerbe schlägt Klaus Haberzettl, Geschäftsführer der BA/CA-Private-Equity. Die Tochter der bayerischen HypoVereinsbank (HVB) ist einer der Sponsoren von Frankes Lehrstuhl und sieht der Technoscheu der Wirtschaftsstudenten. "Technologiegründer in Österreich sind viel eher kleine technische Ingenieure von Fachhochschulen oder TGM als Studenten", so Haberzettl. (Clemens Rosenkranz, Der Standard, Printausgabe, 01.07.2002)