Die Bundesregierung hat ihr rund 2,2 Milliarden Euro schweres Wohnbaupaket längst beschlossen und würde nun die Umsetzung gerne den Ländern überlassen – sie sind für den Wohnbau ja eigentlich auch in erster Linie zuständig. Doch so einfach dürfte das nicht gehen, es gibt nämlich in den Bundesländern weiterhin massiven Unmut und eine gewisse Ratlosigkeit.

Im März wurde das Wohnbaupaket im Nationalrat beschlossen, im April im Bundesrat – und jetzt im Mai fordern die Länder Nachverhandlungen.
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Die Landeswohnbaureferenten der Länder, also die zuständigen Landesrätinnen und Landesräte, haben deshalb in den vergangenen Wochen mehrmals eine Konferenz zum Thema Wohnbaupaket abgehalten, zuletzt am 30. April. Dazu waren eigentlich auch Finanzminister Magnus Brunner und Wirtschaftsminister Martin Kocher (beide ÖVP) eingeladen, sie kamen aber nicht.

Längerer zeitlicher Rahmen gefordert

Die Länder blieben unter sich und diskutierten nochmals über das Paket und fassten den folgenden Beschluss: Sie fordern, dass die Milliarde für den Wohnbau länger als nur bis 2026 zur Verfügung steht. Dieser vom Bund gewählte zeitliche Rahmen ist für die Umsetzung dutzender Wohnbauprojekte ja auch tatsächlich etwas eng begrenzt. Von den 780 Millionen Euro, die für den Neubau von Miet- und Eigentumswohnungen zur Verfügung gestellt werden, sollen laut Gesetzestext 25 Prozent noch 2024 ausgegeben werden, die Hälfte 2025 und die letzten 25 Prozent im Jahr 2026.

Zuschüsse, die von einem Land in den Jahren 2024 und 2025 nicht in Anspruch genommen werden, können zwar "bis zu einem Ausmaß von 50 Prozent von diesem Land im jeweils folgenden Jahr in Anspruch genommen werden", heißt es. Doch das wäre für manche Wohnbauprojekte immer noch ein strenges Korsett.

"Zusätzlichkeit" als großes Ärgernis

Für besonders viel Ärger sorgt in den Bundesländern zudem die Vorgabe des Bundes, dass das Geld nur für zusätzliche Ausgaben in der Wohnbauförderung zur Verfügung steht. Die Länder müssen nachweisen, dass sie im Neubaubereich mehr Wohnungen fördern als im Durchschnitt der Jahre 2022 und 2023. Diese "Zusätzlichkeit" soll komplett entfallen, so lautet die Forderung der Bundesländer.

Weiters heißt es im kürzlich beschlossenen "Bundesgesetz, mit dem das Finanzausgleichsgesetz 2024 geändert wird", dass nur Projekte gefördert werden sollen, die mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Hier wünschen sich die Länder, dass "bei technischer Unmöglichkeit oder Nichtrealisierbarkeit" ein Auge zugedrückt werden darf.

Auch Gemeindebauten sollen saniert werden dürfen

Die restlichen 220 Millionen von der Wohnbaumilliarde sind für die Förderung von Sanierungen vorgesehen. Hier schreibt das beschlossene Gesetz vor, dass dieses Geld explizit "für die Sanierungsförderung von Mietwohnungen durch gemeinnützige Bauvereinigungen zweckgebunden" zu verwenden ist.

Doch auch hier wollen die Bundesländer laut ihrem Beschluss noch einmal nachverhandeln: Das Geld soll auch in Sanierungen im kommunalen Wohnbau fließen dürfen. Eine Forderung, die wohl in erster Linie von der Stadt Wien kommt, die derzeit in der Landeswohnbaureferentenkonferenz den Vorsitz führt und wo sich bekanntermaßen der Großteil der kommunalen Wohnungen in Österreich befindet (rund vier Fünftel des Gesamtbestands).

Günstige Darlehen: Cash statt Zinszuschuss

Und noch ein fünfter Punkt findet sich im Beschluss der Länder. Wie berichtet, soll es auch Zinszuschüsse des Bundes für Darlehen geben, die die Länder bei der Bundesfinanzierungsagentur (Öbfa) aufnehmen und an Häuslbauer und Eigenheimkäufer weiterreichen sollen. Der Zinssatz für die Konsumentinnen und Konsumenten soll bei maximal 1,5 Prozent liegen, dafür garantiert der Bund sozusagen.

Allerdings ist die Abwicklung dieser Darlehen für die Länder viel zu kompliziert und noch mit vielen Fragen behaftet. Sie haben deshalb bereits in ihrer vorletzten Sitzung den Bund zu Verhandlungen aufgefordert. Nun gehen sie aber noch einen Schritt weiter und fordern, dass der Bund das Geld, das er für die Zinsstützung reserviert, einfach als Finanzzuweisung an die Länder reicht – also sozusagen "in cash".

"Paket wird nicht mehr aufgeschnürt"

Alle erwähnten Punkte führt die Verbindungsstelle der Bundesländer in einem Schreiben an die Minister Brunner und Kocher an, in dem neuerlich "dringend und unverzüglich" Gespräche mit den Ministern verlangt werden. Gleichzeitig betonen die Wohnbaulandesräte ihr "größtes Interesse", das Wohnbaupaket umsetzen zu können, "aber mit der erforderlichen Administrierbarkeit und Rechtssicherheit".

Ob der Vorstoß von Erfolg gekrönt ist, wird sich weisen. Aus dem Finanzministerium heißt es in einer ersten Reaktion auf Anfrage des STANDARD dazu: Njet. Das Paket werde nicht mehr aufgeschnürt. Man habe seitens des Bundes die Anregungen der Länder schon bei der Beschlussfassung "ernst genommen" und teilweise berücksichtigt.

Amann: "Länder im Zugzwang"

Der Wohnbauforscher Wolfgang Amann hält die Vorgaben des Bundes an die Länder großteils auch für sehr vernünftig. "Die Länder sind ziemlich im Zugzwang. Das ist aus meiner Sicht auch gut so."

In zwei Punkten hielte er gewisse Nachverhandlungen aber für gerechtfertigt. Zum einen die Forderung, auch Gemeindebauten mit dem Geld vom Bund sanieren zu dürfen. "Flexibilität in Richtung Sanierung und auch hin zu kommunalem Wohnbau kann kein Fehler sein", sagt Amann zum STANDARD.

Und die Regelung, dass 25 Prozent der Neubaumittel noch heuer abzurufen sind, ist aus seiner Sicht eine "in der Tat sehr schwer bewältigbare Herausforderung". Gleichzeitig sorge sie aber auch für Druck bei der Umsetzung. "Und den braucht die Bauwirtschaft wie einen Bissen Brot."

Würde der Bund auf die Vorgabe verzichten, dass die Bundesländer mehr fördern müssen als im Schnitt der letzten beiden Jahre, müsste irgendwie anders sichergestellt werden, "dass mit dem frischen Bundesgeld nicht einfach Länderbudgets ersetzt werden", sagt der Wohnbauforscher. Eine Photovoltaikanlage zu berücksichtigen sei "immer möglich und sinnvoll". Und die Darlehen an Eigenheimerrichter haben auch aus seiner Sicht "einige Schwachstellen in der Konzeption". Jedoch: "Das Geld einfach den Ländern zur freihändigen Vergabe zu schenken ginge doch an der Intention des Pakets vorbei."

Klien: "Mehr Flexibilität wäre angebracht"

Auch Michael Klien, Wohnbauexperte des Wifo, sieht durchaus noch Verbesserungsbedarf, weist aber darauf hin, dass es beim Wohnbaupaket ja "genau darum geht, die Lücke jetzt zu schließen". Eine gewisse Flexibilität in der Mittelverwendung sei also durchaus angebracht, "jedoch nicht über 2026 hinaus".

Was die "Additionalität" betrifft, also die Vorgabe, mehr als im Schnitt der Jahre 2022 und 2023 zu bauen, so sollte diese nicht gänzlich entfallen, meint Klien, "aber eine praktikable und flexiblere Formulierung wäre notwendig". Er schlägt einen längeren Betrachtungszeitraum vor, beispielsweise die letzten zehn Jahre. Und beim Punkt "Cash statt Zinszuschüsse" weist Klien darauf hin, dass zinsgestützte Darlehen eben genau dort ansetzen würden, "wo der Schuh drückt – nämlich bei den hohen Finanzierungskosten". Und aufgrund der Rückzahlung seien diese auch langfristig günstiger für die Steuerzahler. (Martin Putschögl, 3.5.2024)