"All The Long Nights" eröffnet am Donnerstag um 18 Uhr 30 das Festival im Stadtkino.
Red Lotus Asian Film Festival

Dass es abseits der USA herausragendes Kino gibt, lernt man langsam auch in Hollywood. Parasite, inszeniert vom Südkoreaner Bong Joon-ho, triumphierte 2020 als bester Film bei den Oscars, der japanische Film Drive My Car von Ryūsuke Hamaguchi wurde 2022 als bester internationaler Film ausgezeichnet, und sein Landsmann Hayao Miyazaki gewann erst dieses Jahr für Der Junge und der Reiher den Oscar für den besten animierten Film – bereits sein zweiter, nach Chihiros Reise ins Zauberland.

Beim Red Lotus Asian Film Festival, das vom 25. bis zum 28. April im Stadtkino Wien und im Gartenbaukino stattfindet, beschränkt man den asiatischen Film nicht auf die bereits bekannten Vertreter aus Japan und Südkorea. Das Leitungsduo, bestehend aus der Filmkuratorin und Übersetzerin Katja Wiederspahn und der Kuratorin und Kritikerin Cao Liuying, hat ein Programm aus 14 Spiel- und Dokumentarfilmen aus ganz Asien zusammengestellt. Damit bieten sie einen Einblick in die Schönheit und die Vielfalt eines Kontinents.

Vielfältiges Programm

Den Auftakt im Stadtkino Wien macht am Donnerstag der japanische Film All the Long Nights von Shô Miyake. Darin treffen zwei hochsensible und von psychischen Herausforderungen geplagte Menschen aufeinander. Ohne romantisches Interesse am jeweils anderen zu haben, entwickelt sich daraus eine gemeinsame Suche nach Anerkennung, Empathie und Linderung der eigenen Symptome.

Mit Night Courier direkt im Anschluss ist erstmals ein Film aus Saudi-Arabien vertreten. Im Neo-Noir-Thriller von Li Kalthami geht es um den gutmütigen Fahad, der in einer wie in ewige Nacht getauchten Hauptstadt Riad ruhelos nach Verdienstmöglichkeiten sucht, um seinen kranken Vater zu retten. Das ist etwas Besonderes, weil Kino und öffentliche Filmvorführungen in Saudi-Arabien Anfang der 1980er-Jahre verboten und erst 2018 wieder erlaubt wurden. In den nächsten Jahren soll die Filmbranche – unter den strengen Zensurrichtlinien der Regierung – zu einem wichtigen Wirtschaftszweig aufgebaut werden.

Herzerwärmendes und Schockierendes  

Das Festival setzt in diesem Jahr einen feministischen Fokus: Der Spielfilm My Favourite Cake des iranischen Regieduos Maryam Moghaddam und Behtasch Sanaeeha war ein herzerwärmender und humorvoller Publikumsliebling der letzten Berlinale. Erzählt wird darin die Geschichte der 70-Jährigen Mahin, die seit dem Tod ihres Mannes und dem Auszug ihrer Tochter allein in Teheran lebt. Beim gemeinsamen Tee mit ihren Freundinnen kommt ihr die Idee, es doch noch einmal mit einem Mann zu versuchen – daraus ergibt sich ein überraschender und unvergesslicher Abend.

Der Dokumentarfilm Voices of the Silenced, den Park So-nam gemeinsam mit ihrer Tochter Park Maeui inszeniert hat, behandelt das Leben der Zainichi – der koreanischen Minderheit in Japan. Thematisiert werden das Erleben von Gewalt und Diskriminierung und die Atombombenabwürfe in Hiroshima und Nagasaki. Manche der Protagonistinnen und Protagonisten erhalten dadurch zum ersten Mal überhaupt eine Stimme. (Jakob Thaller, 24.4.2024)