Erst am 9. April hat Ruandas Präsident Paul Kagame den britischen Premier Rishi Sunak besucht.
Erst am 9. April hat Ruandas Präsident Paul Kagame den britischen Premier Rishi Sunak besucht. Nun sollen die Beziehungen weiter vertieft werden.
IMAGO/Thomas Krych

In Ruanda werten sie das am Montag in Großbritannien beschlossene Abschiebegesetz für Asylwerber wenig überraschend als Gütesiegel. Man habe es ja immer gewusst, erklärte in Kigali Regierungssprecherin Yolande Makolo. Ihre Regierung habe "über die vergangenen 30 Jahre hart daran gearbeitet, Ruanda zu einem sicheren Land zu machen". Das gelte für Ruander und Nichtruander.

Das ostafrikanische Land, das 1994 nach dem Genozid an 800.000 Tutsi noch in Trümmern liegt, lässt keine Gelegenheit aus, sich als Erfolgsgeschichte zu präsentieren, wirbt auf den Trikots der Fußballvereine Bayern München und Arsenal London um Touristen. Die Nation mit ihrem beachtlichen Wirtschaftswachstum (rund sieben Prozent) versteht sich als ein Wortführer in Afrika, trotz ihrer mit nur 14 Millionen Einwohnern vergleichsweise geringen Größe.

Umstrittene Einnahmequellen

Es handelt sich dabei um ein Land, das die Schaffung umstrittener Einnahmequellen beherrscht. Immer wieder gibt es Vorwürfe von Bürgerrechts-Organisationen, dass sich Ruanda unrechtmäßig an den Rohstoffen des Kongo bereichert. Und auch der "besorgniserregende globale Präzedenzfall", den UNHCR-Chef Filippo Grandi ausmachte, ist die nun immer wahrscheinlicher werdende Deportation von Asylwerbern aus Großbritannien nach Ruanda womöglich nicht.

Zwischen den Jahren 2014 und 2017 schickte Israel Flüchtlinge und Migranten "in sichere Länder". Medienberichten zufolge handelte es sich damals ebenfalls um Ruanda sowie Uganda. Ruanda dementierte die Berichte damals.

Teurer Deal

In dem aktuellen Fall lässt sich Ruanda seinen Deal mit Großbritannien ganz offiziell bezahlen: mit umgerechnet mindestens 430 Millionen Euro. Die Vereinbarung, die als Entwicklungsabkommen verpackt und als Abschreckungsmaßnahme gegen ungewollte Migration gedacht ist, kostet also eine beträchtliche Summe. Über die reine Unterbringung hinaus sieht der Plan vor, auch "Möglichkeiten für Ruander und Migranten" zu schaffen. Dies umfasst Berufs- und Qualifizierungsmaßnahmen, Sprachunterricht sowie Hochschulbildung.

Doch das afrikanische Land wird zu Recht für Menschenrechtsverletzungen kritisiert, auch von britischen Gerichten, Politikern und Diplomaten. Viele Vorwürfe beziehen sich auf Übergriffe gegen Kritiker von Präsident Paul Kagame, der das Land seit fast einem Vierteljahrhundert autokratisch regiert. Inzwischen unterstützt er zudem wieder einmal umfangreich die Rebellenbewegung M23 im Osten des Nachbarlandes Kongo, und das mit zunehmend dreister Offenheit.

Spannungen mit Südafrika

In Kinshasa ist die Wut groß, weil sich der Westen mit Druck auf Kagame eher zurückhält. Auch mit Südafrika sind Ruandas Beziehungen angespannt, weil bei dem Konflikt im Kongo zuletzt zwei südafrikanische Soldaten einer Friedensmission getötet wurden. Und weil in Südafrika im Laufe der Jahre mehrere ruandische Regierungsgegner unter rätselhaften Umständen ermordet wurden.

Dementsprechend macht sich Großbritanniens Regierung auf weitere rechtliche Hürden gefasst, verspricht aber die ersten Flüge mit Asylwerbern innerhalb von drei Monaten. Ruanda hat sich seine Reputation als Zufluchtsstätte sorgsam aufgebaut. Rund 130.000 Flüchtlinge leben hier. Im September 2019 wurde zudem ein Transitzentrum für Migranten und Flüchtlinge eingerichtet, die aus Libyen hergebracht wurden. UNHCR lobte damals das "großzügige Ruanda".

Keine Rückkehrmöglichkeit

Asylsuchende, die nach Ruanda geschickt werden, sollen den Vereinbarungen zufolge den dortigen Asylbestimmungen unterliegen. Sie würden sich also nicht dem britischen Asylprozess von Ruanda aus unterziehen und hätten rechtlich zumindest im Rahmen dieses Verfahrens keine Möglichkeit, auf die Insel zurückzukehren.

Sollte ihr Asylgesuch in Ruanda Erfolg haben, dann hätten sie die Option, sich dort niederzulassen. Doch damit rechnen nur wenige. (Christian Putsch, 24.4.2023)