Ein Kran hievt eine Füllkörperkondensationskolonne in die Müllverbrennungsanlage Spittelau, Teil einer Großwärmepumpe
In der Müllverbrennungsanlage Spittelau hat Wien Energie eine Großwärmepumpe eingebaut – ein Schritt in Richtung weniger Abhängigkeit von russischem Gas.
Wien Energie / Johannes Zinner;

Der mit insgesamt knapp zwei Millionen Kunden größte Energieversorger Österreichs, die Wien Energie, bemüht sich nach Eigenangaben intensiv, die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zu reduzieren. Bereits 2022 habe man rund eine Terawattstunden (TWh) nichtrussisches Erdgas beschafft; im Vorjahr sei die Menge auf 2,5 TWh gestiegen, was bei einem Gesamtbedarf von fünf bis sechs TWh pro Jahr – abhängig von den Temperaturen im Winter – etwa weniger als der Hälfte des Bedarfs entspricht, der direkt an Endkunden geht. Mit anderen Worten: Wien Energie ist in diesem Punkt wohl noch zu gut 50 Prozent von Gaslieferungen aus Russland abhängig, wiewohl man betont, dass fehlende Herkunftsnachweise eine klare Zuordnung erschwerten. Inklusive der gasbetriebenen Kraftwerke liegt der Jahresbedarf von Wien Energie an Gas bei durchschnittlich 13 TWh.

Langfristig ist fossiles Erdgas für Wien Energie so oder so kein Thema mehr – ob aus Russland oder anderen Quellen. Bis 2040 ist es das erklärte Ziel der Stadtregierung, Wien klimaneutral zu machen. Dem ordnet sich auch die 100-Prozent-Tochter Wien Energie unter, die zu diesem Zweck in klimaschützende Maßnahmen investiert wie nie zuvor. Bis 2029 sind sachdienliche Ausgaben in Höhe von 2,6 Milliarden Euro vorgesehen.

Forcierter Ausbau erneuerbarer Energien

Der Löwenanteil – rund eine Milliarde – geht in den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung mittels PV, Wind- und Wasserkraft; ein ähnlich hoher Brocken – 800 Millionen Euro – ist für erneuerbare Wärmeerzeugung mittels Großwärmepumpen, Geothermie und verschiedene Abwärmeprojekte vorgesehen. Jeweils 360 Millionen sind für den Ausbau der Fernwärme bzw. Fernkälte vorgesehen sowie für Digitalisierung, Innovation und E-Mobilität – sprich Ladeinfrastruktur. Allein heuer will Wien Energie in Summe 502 Millionen Euro in die Energiewende stecken, mehr als die gut 324 Millionen im Vorjahr, die bereits ein Rekordwert waren.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat Wien Energie bei weniger Umsatz mehr verdient, dies insbesondere dank Aufwertungen. Die Umsatzerlöse waren mit 4,7 Milliarden Euro um 21,4 Prozent niedriger als 2022, was Wien-Energie-Chef Michael Strebl bei der Bilanzpräsentation am Freitag auf "Preisreduktionen auf den internationalen Märkten" zurückführte. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) lag mit 777,6 Millionen Euro um 38,2 Prozent höher, das Jahresergebnis legte gar um 54,9 Prozent auf 598,1 Millionen Euro zu. Ohne stichtagsbezogene Bewertungseffekte lag das Jahresergebnis bei 294,8 Millionen Euro und damit um 15,3 Prozent niedriger als 2022. Allein bei Gas machten die mittlerweile gesunkenen Preise in Summe 41 Millionen Euro der Bewertungsdifferenz zwischen IFRS (International Financial Reporting Standards) und UGB (Unternehmensgesetzbuch) aus.

Preissenkungen ab Juli

Die mittlerweile gesunkenen Großhandelspreise bei Strom und Gas will Wien Energie in einer weiteren Preissenkungsrunde ab Juli zumindest teilweise weitergeben. Für Kunden und Kundinnen, deren Preisgarantie im Sommer ausläuft und die sich nicht gebunden haben, sinkt der Strompreis nach derzeitiger Prognose gemäß der Entwicklung des Österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) automatisch um rund 55 Prozent auf 14,9 Cent je kWh. Wer im vergangenen Herbst das Angebot mit einjähriger Bindung und einer gewissen Anzahl an Gratistagen angenommen habe, profitiere von einer automatischen Senkung um voraussichtlich sechs Prozent, sagte Strebl. Zusätzliche Ersparnisse gebe es für diejenigen, die sich ein Jahr lang binden, an Details werde noch gearbeitet.

Bei Gas wird der Tarif "Optima Entspannt" von Wien Energie ebenfalls ab Juli auf 5,7 Cent je kWh gesenkt. Für Kunden, die einen neuen Vertrag im Vorjahr ausgeschlagen haben und derzeit 7,3 Cent je kWh zahlen, beträgt der Preisnachlass 22 Prozent. Kunden und Kundinnen, die im Vorjahr das günstigere Angebot angenommen haben und seither 6,3 Cent je kWh Gas zahlen, ersparen sich künftig 9,5 Prozent. Ausschlaggebend sei im konkreten Fall der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI). Sowohl der Strom- als auch der Gaspreisindex hinkten der Entwicklung immer rund ein Jahr hinterher. Das sei der Grund, warum man im Vorjahr mit Gratistagen operiert habe. "Die Indizes hätten eine Tarifsenkung nicht hergegeben," sagte Strebl, der glaubt, mit der Preissenkung auf der sicheren Seite zu sein.

Entlastungspaket im Detail

Das Entlastungspaket für Kunden und Kundinnen bezifferte Strebl mit 202 Millionen Euro im laufenden Jahr. 50 Millionen machten in Summe die attraktiveren Angebote auf der Strom- und Gasseite aus, mit 140 Millionen Euro schlage die Weiterführung der Fernwärme-Rabatte zu Buche, zwölf Millionen Euro seien für die Dotierung eines Sozialtopfs für energiearme Haushalte vorgesehen. (Günther Strobl, 3.5.2024)