Im dritten und letzten Teil des Gastblogs macht Rechtsanwältin Kristina Silberbauer auf besonders delikate arbeitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der ökologischen Umstellung von Unternehmen aufmerksam. Im ersten Teil berichtete Raik Thiele darüber, wie das Personalmanagement zur ökologischen Transformation beitragen kann. Im zweiten Teil ging Kristina Silberbauer auf damit zusammenhängende praktische arbeitsrechtliche Themen wie Versetzungen, Dienstreisen, Bonusvereinbarungen und Betriebskantinen ein.

Klimaschutz kann auch in Unternehmen zu Meinungsdivergenzen führen. Einzelne Mitarbeitende werden Maßnahmen, die mit der ökologischen Transformation einhergehen, nicht gut finden. So könnte es Protest gegen neue Dienstreiseregeln geben oder Unzufriedenheit mit einer rein veganen Kantine. Lässt sich kein Einvernehmen erzielen, kann sogar eine Trennung im Raum stehen.

Motivkündigung und Meinungsfreiheit

Dabei ist allerdings vorab zu klären, ob der unzufriedene Mitarbeiter oder die unzufriedene Mitarbeiterin mit dem Protest "Ansprüche geltend macht, die nicht offenbar unberechtigt sind", etwa arbeitsvertragliche. Eine Kündigung, die nur als Reaktion darauf ausgesprochen wird, kann gemäß § 105 Abs. 3 lit. i Arbeitsverfassungsgesetz gerichtlich angefochten werden.

Person trägt Gegenstände nach Kündigung aus dem Büro
Leidet das Betriebsklima darunter, dass jemand den Klimawandel leugnet, sollte nichts gegen eine Kündigung sprechen.
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Gilt das auch für Personen, die betriebliche Maßnahmen zum Klimaschutz deshalb boykottieren, weil sie den menschengemachten Klimawandel leugnen? Nein, weil es hier um keinen "Anspruch", sondern eine Meinung geht. Eine Kündigung wegen unerwünschter Äußerungen ist allerdings aus einem anderen Grund heikel – wegen des Rechts auf freie Meinungsäußerung, das auch im Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention abgesichert ist.

Wegen welcher (unerwünschter) Aussagen gekündigt werden darf, ist nach wie vor strittig. Kommt zur Klimawandelleugnung hinzu, dass konkrete Arbeitsanweisungen missachtet werden oder das Betriebsklima leidet, sollte nichts gegen eine Kündigung sprechen. Auch der Diskriminierungsschutz greift hier nicht: Das bloße Leugnen des Klimawandels ist keine "Weltanschauung":

Klimaschutz und Weltanschauung

Aufgrund einer Weltanschauung darf niemand im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis diskriminiert werden, insbesondere auch nicht bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (§ 17 Abs 1 Z 7 Gleichbehandlungsgesetz). Eine diskriminierende Kündigung kann bei Gericht angefochten werden. Der Diskriminierungsgrund "Weltanschauung" dient laut Oberstem Gerichtshof (RS0124567) als Sammelbezeichnung für alle ideologischen, politischen und ähnlichen Leitauffassungen vom Leben und von der Welt als einem Sinnganzen sowie zur Deutung des persönlichen und gemeinschaftlichen Standorts für das individuelle Lebensverständnis. Die jüngeren Entscheidungen im Zusammenhang mit Covid-19 haben verdeutlicht: Punktuelle Meinungen – wie die kritische Einstellung gegenüber der Covid-19-Impfung oder dem Tragen von Schutzmasken – stellen noch keine "Weltanschauung" dar und schützen daher vor Kündigung nicht. Dasselbe wird für Mitarbeitende gelten, die den Klimawandel leugnen.

Umgekehrt ist vorstellbar, dass manchen Unternehmen der Klimaschutz nicht wichtig ist, und sie sich von Arbeitnehmern oder Arbeitnehmerinnen trennen möchten, die ihnen in diesem Bereich allzu engagiert sind. Wenn es sich um Personen handelt, die mit Klimaschutz (fälschlich) nur Mülltrennen meinen, ist ihre Einstellung zu punktuell, als dass sie infolge einer "Weltanschauung" geschützt wären. Wenn der oder die Mitarbeitende den Klimaschutz allerdings ganzheitlich sieht und Vorschläge betreffend Energie, Mobilität, Ernährung etc. macht, kann eine Trennung deswegen durchaus diskriminierend und damit rechtlich bekämpfbar sein.

Klimaaktivismus in der Freizeit

Können Unternehmen gegen Mitarbeitende vorgehen, weil sie in ihrer Freizeit an öffentlichen Klimaschutzaktionen teilnehmen? Grundsätzlich steht jedem und jeder frei, wie er oder sie die Freizeit verbringt. Arbeitsrechtliche Konsequenzen kann Freizeitverhalten nur haben, wenn ein Konnex zur Beschäftigung besteht und die Interessen des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin tangiert werden. Wenn sich eine Mitarbeiterin in ihrer Freizeit aus Protest gegen die unzureichende Klimapolitik an einer Straße festklebt, hat das Unternehmen keine Handhabe dagegen. Würde hingegen der Pressesprecher eines Mineralölunternehmens in dieser Funktion bei einer TV-Diskussion gegen fossile Brennstoffe wettern, hätte er natürlich ein arbeitsrechtliches Problem, das in seiner Entlassung münden könnte.

Whistleblowing

Anregungen und Beschwerden betreffend CO2-Reduktion und Ähnliches könnten Unternehmen zukünftig auch über Whistleblowing-Systeme erreichen. Abhängig vom konkreten Thema können Meldungen – etwa im Bereich Umweltschutz – in den Anwendungsbereich des HinweisgeberInnenschutzgesetzes (HSchG) fallen. Dann darf der Hinweisgeber oder die Hinweisgeberin in Vergeltung eines berechtigten Hinweises nicht gekündigt oder sonst im Sinne des § 20 HSchG benachteiligt werden. Betrifft die Kritik allerdings Bereiche, die das Gesetz nicht schützt, etwa Mängel bei Nachhaltigkeitsberichten, ist eine Kündigung laut dem HSchG nicht verboten, kann aber trotzdem sittenwidrig sein. (Kristina Silberbauer, 22.8.2023)