Für Eltern ist er am Dienstag bereits seit dem frühen Morgen spürbar, für Autofahrer und Öffi-Nutzerinnen seit dem Vormittag: der Streik der Wiener Elementarpädagoginnen und -pädagogen. Diese halten wie berichtet seit 7 Uhr Betriebsversammlungen ab. Daran beteiligt ist das Personal in privaten und städtischen Kindergärten, mit dabei sind auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Horten sowie der schulischen Freizeitbetreuung. Konkret bedeutet das: Der Großteil der genannten Einrichtungen ist am Dienstag geschlossen. Betroffen sind potenziell knapp 100.000 Kinder und deren Familien.

Auslöser für die Versammlungen sind die aus Sicht der Pädagoginnen und Pädagogen unzureichenden Arbeitsbedingungen: Verlangt werden unter anderem mehr Geld, mehr Personal und kleinere Gruppen. Rückenwind verleihen den Forderungen aktuelle Berechnungen des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts. Dieses kam zu dem Ergebnis, dass in der Kinderbetreuung tätige Frauen sich oft an der Schwelle zur Armutsgefährdung befinden oder in manchen Bundesländern sogar darunter liegen.

Die Gewerkschaft spricht von bis zu 10.000 Teilnehmenden bei einer Demonstration im Wiener Sigmund-Freud-Park.
APA/MAX SLOVENCIK

Frauen in der Kinderbetreuung bekommen im Schnitt einen Nettolohn von 1.464 Euro, heißt es in der Analyse. Damit würden sie lediglich 72 Euro über der Armutsgefährdungsschwelle liegen. Wien nimmt mit 1.661 Euro den Spitzenplatz ein. In Oberösterreich, Salzburg und Tirol wird die Arbeit laut der Berechnungen sogar unter der Armutsgefährdungsschwelle abgegolten – wobei Tirol den letzten Platz belegt: Das Gehalt liegt laut Momentum-Institut 152 Euro unter dem Durchschnittsgehalt in Österreich und sogar 80 Euro unter der Armutsgefährdungsschwelle von 1.392 Euro (gerechnet für einen Ein-Personen-Haushalt).

"Kinderbetreuung ist etwas, das einfach alle betrifft. Unsere Kinder gehen in den Kindergarten, wir selbst waren auch alle dort. Dass wir die Menschen, die uns in so einer vulnerablen Phase unseres Lebens betreuen und begleiten, so geringschätzend bezahlen, sogar teilweise so wenig, dass diese Betreuerinnen mit ihrem monatlichen Einkommen nicht einmal über der Armutsgrenze liegen, gleicht einem Armutszeugnis für die Politik", sagt Momentum-Chefökonomin Katharina Mader.

Laut Polizei bis zu 10.000 Teilnehmende 

Rahmenbedingungen wie diese wollen die Pädagoginnen und Pädagogen am Dienstag in Wien ins Bewusstsein rücken – und zwar öffentlichkeitswirksam auf der Straße. Zwischen 10 und 14 Uhr wurden Kundgebungen angekündigt. Bei einer Gewerkschaftsdemo kamen tausende Menschen am Vormittag im Wiener Sigmund-Freud-Park bei der Votivkirche zusammen, um ihre Forderungen an die Politik zu richten. Gekommen waren laut Gewerkschaftsangaben rund 12.000 Personen, die Polizei sprach von 8.000 bis 10.000 Teilnehmern im komplett vollen Park.

Im Anschluss an die als öffentliche Betriebsversammlung abgehaltene Protestveranstaltung begaben sich die Demonstranten auf einen Demozug über die Ringstraße. Für den Nachmittag (ca. 13 bis 14 Uhr) haben die Gewerkschaften zu einer Abschlusskundgebung im Sigmund-Freud-Park geladen.

Verkehrsbehinderungen

Laut ÖAMTC ist wegen Protesten ab ca. 11 Uhr auf Ring, Zweierlinie und den Zufahrten in die Innenstadt mit Staus, Behinderungen und Sperren zu rechnen. Die Route einer Demo führt vom Votivpark gegen die Fahrtrichtung über den Ring und weiter über Babenbergerstraße, Museumsplatz, Museumsstraße, Auerspergstraße, Stadiongasse, Ring und Schottengasse zurück zum Ausgangspunkt.

Bei den Öffis ist von 10 bis 14 Uhr ebenfalls mit Einschränkungen zu rechnen. Umgeleitet werden etwa die Straßenbahnlinien D (zwischen Börse und Schwarzenbergplatz) und 1 (zwischen Karlsplatz U-Bahn und Julius-Raab-Platz). Der 2er fährt nicht zwischen Josefstädter Straße und Heinestraße, die Linien 37, 38, 40, 41, 42 werden in Richtung Schottentor bis zum Gürtel kurzgeführt. Der 37er verkehrt nur zwischen Hohe Warte und Nußdorfer Straße, der 38er lediglich zwischen Grinzing und Spitalgasse. Dazu kommen Änderungen auf den Linien 40, 41, 42, 46, 49, 71, 48A und 57A. Details sind auf der Website der Wiener Linien abrufbar. (rach, APA, 24.10.2023)