Das Bild zeigt das Honor Magic 6 Pro
Honor, einst "Billigschiene" von Huawei, wagt mit dem Magic 6 Pro einen Auftritt auf der Premiumbühne.
STANDARD/Brandtner

Wer in Europa viel Geld für ein Smartphone in die Hand nimmt, landet grob gesagt in drei von vier Fällen bei Apple und ansonsten sehr wahrscheinlich bei Samsung – das besagen im Großen und Ganzen aktuelle Zahlen von Canalys. Alle anderen Mitbewerber müssen im lukrativen Segment der Premium-Smartphones erst lernen, richtig Fuß zu fassen. Dazu zählt auch unter anderem auch die einstige Huawei-Tochter Honor, die ein Comeback in Europa und somit auch hierzulande anstrebt.

Angesichts der Marktdominanz ist es wenig verwunderlich, dass sich das Unternehmen dieser Tage für sein neues Flaggschiff Magic 6 Pro eines bewährten Ansatzes bedient – und auf Basis hochwertiger Android-Hardware imitiert, was die meisten Leute zuletzt gekauft haben: ein iPhone. Aber ist der dreiste Mix der ehemaligen Huawei-Tochter wirklich gelungen? Und ist es vor allem eine unverbindliche Preisempfehlung von 1.300 Euro wert? DER STANDARD hat sich das Magic 6 Pro im Alltag angesehen.

Nach dem Rezept von der "Mama"

Wer mit der Marke Honor nicht viel anfangen kann – vorab vielleicht noch ein kleiner Exkurs, der nicht unwesentlich für dieses Smartphone ist: Ursprünglich wurde Honor 2013 als Tochter des chinesischen Smartphone- und Telekom-Riesen Huawei gegründet, um jüngere Konsumenten und preisbewusste Käufer anzusprechen. Die Marke wurde bekannt für Produkte, die oft Features und Technologien beinhalteten, die in ähnlicher Weise auch in Huaweis Premium-Segment zu finden waren, jedoch – meist zu einem späteren Zeitpunkt oder in der "Light"-Variante – zu besseren Konditionen angeboten wurden.

Als Huawei jedoch durch Handelsbeschränkungen der USA und anderer Länder unter Druck geriet, entschied sich das Unternehmen im November 2020, Honor zu verkaufen. Dieser Schritt sollte Honor vor den Auswirkungen der Sanktionen schützen und seine Weiterentwicklung sichern. Honor wurde an ein Konsortium 30 chinesischer Firmen verkauft, die teilweise als regierungsnah gelten, und operiert seitdem unabhängig von Huawei. Das ermöglicht es der Marke, ihre Geschäftsbeziehungen zu erneuern und ihre Produktlinien zu erweitern.

Das Bild zeigt das Honor Magic 6 Pro
Auch bei direkter Sonneneinstrahlung sehr gut ablesbar: das gestochen scharfe Display des Magic 6 Pro.
STANDARD/Brandtner

Die Erneuerung bedeutet in dem Fall, dass man sich vom Image der reinen "Billigschiene" verabschieden will und auch mit Modellen im lukrativen Premium-Segment andocken möchte. Und hier scheint sich der Kreis zur einstigen "Mama" Huawei wieder zu schließen: Man versucht das gleiche Rezept umzusetzen, mit dem Huawei vor den Sanktionen erfolgreich in den Märkten fernab Chinas operierte. Das bedeutet, ein akkustarkes Smartphone mit einer ausgezeichneten Kamera ins Rennen schicken zu wollen, das auf Android basiert, sich aber gerne das eine oder andere von Apple abschaut.

Plötzlich oberste Liga

Schon vor einer genaueren Begutachtung eilt dem Magic 6 Pro der Ruf voraus, mit Superlativen ausgestattet zu sein. Im DxOMark, der als recht guter Indikator für Verbraucher und Fachleute gilt, um die Leistungsfähigkeit von Unterhaltungselektronik einzuschätzen, belegt der Honor-Neuling jetzt schon Spitzenplätze. Zwar fehlt zum Zeitpunkt des Verfassens noch eine Bewertung zur Kamera, aber unter den Smartphones liegt das Magic 6 Pro in drei von fünf Kategorien (Display, Akku und Selfie-Kamera) auf Platz eins und in einer auf Platz drei (Audio). Vor einem iPhone 15 Pro Max, vor einem Samsung Galaxy S24 Ultra oder vor einem Google Pixel 8 Pro. Der Vorsprung auf die Konkurrenz ist nicht meilenweit, aber seien wir uns ehrlich: Es hätte schlechter laufen können.

Ein Blick aufs Datenblatt lässt auch nichts vermissen, was ein Top-Handy heutzutage aufweisen "muss": Das Magic 6 Pro verfügt über die leistungsfähigste Chip-Kombination, die für Android-Smartphones derzeit verfügbar ist und will mit einem Kamera-Ensemble aus drei Objektiven bestechen, deren "Prunkstück" ein 180-Megapixel-Periskop-Teleobjektiv ist. Das 6,8-Zoll große LTPO-Display mit FHD+-Auflösung bietet eine variable Bildwiederholrate von 1 bis 120 Hertz und soll buchstäblich blendende Spitzenhelligkeiten von bis zu 5.000 Nits erreichen.

Neben der Unterstützung aller gängigen Konnektivitätsstandards sowie eSIM- und Dual-SIM-Support verspricht das Honor-Smartphone dem Rezept folgend auch eine besonders lange Akkulaufzeit und ist nach IP68 gegen das Eindringen von Wasser und Staub geschützt. Sogar an einen 3D-Gesichtsscanner wurde gedacht, wie man ihn sonst nur von Apples "Face ID" kennt.

Nur Telefonieren kann man leider nicht mit dem Smartphone. Scherz! Das funktioniert natürlich auch tadellos – und um an dieser Stelle gleich darauf einzugehen, weil es oft nur am Rande Berücksichtigung findet: An der Gesprächsqualität lässt sich nichts aussetzen. Die unterschiedlichen Gesprächspartner hätten nicht bemerkt, dass der Autor sein privates Pixel 8 Pro kurzzeitig gegen das Magic 6 Pro ausgetauscht hat, wenn er sie im Anschluss an das Telefonat nicht darauf aufmerksam gemacht hätte. Auch umgekehrt konnten keine Unterschiede zur Google-Referenz festgestellt werden.

Unverwüstlich, aber kopflastig

Was nach dem Auspacken des Smartphones sofort ins Auge sticht, ist die hochwertige Verarbeitung. Die Spaltmaße zwischen Displayglas, poliertem Edelstahlrahmen und strukturierter Rückseite sind gleichmäßig geringgehalten und wirken verwindungsresistent wie aus einem Guss. Wie vorhin bereits angedeutet ist das Smartphone auch wasser- und staubdicht.

Die Glasfront ist nicht aus Gorilla Glass gefertigt, sondern eine Eigenentwicklung von Honor mit der Bezeichnung NanoCrystal Shield, die als besonders kratzfest und sturzresistent beworben wird. Über den Verwendungszeitraum von einer Woche konnten keine Schäden festgestellt werden, die durch den Gebrauch verursacht worden wären. Es wurde aber auch kein Sturz aus zwei Metern Höhe provoziert – anders als es im offiziellen Review-Guide tatsächlich empfohlen wird. Honor scheint sich hier seiner Sache sehr sicher zu sein. Wie es früher bei Huawei der Fall war, wird das Honor Magic 6 Pro zudem werksseitig mit einer Schutzfolie ausgeliefert.

Das Bild zeigt das Honor Magic 6 Pro
Selbst mit größeren Händen ist die Kamera-Einheit beim Halten des Magic 6 Pro nicht im Weg.
STANDARD/Brandtner

Die Rückseite gibt es in zwei Farbvarianten zu kaufen: Zur Auswahl steht klassisches Schwarz oder ein kalter Grünton, den Honor "Epi Green" nennt. Das Besondere daran ist aber in beiden Fällen die griffige Struktur des matten Kunstleders, die resistent gegen Fingerabdrücke und Kratzer ist – das verleiht dem Gerät ein sehr angenehmes Haltegefühl und macht eine Schutzhülle eigentlich überflüssig.

Was auch sofort auffällt, ist das prominent herausragende Kameramodul auf der Rückseite. Das hat zwei Nachteile: Zum einen fühlt sich das Magic 6 Pro relativ schwer an, obwohl es nicht stark von vergleichbaren Konkurrenten abweicht und bis auf den Kamera-Bump sehr dünn aussieht. Auf der anderen Seite muss man das seltsame Gefühl verdrängen, dass die Gewichtsverteilung des Geräts sehr "kopflastig" wirkt und man gedanklich dazu verleitet ist, dass das Smartphone nach hinten kippen könnte: Tut es nämlich nicht. Da der Bump riesig und vor allem symmetrisch ist, stört es wenigstens nicht, das Smartphone auf den Tisch zu legen.

Leichte Inselgefühle und abgerundetes Display

Abgesehen von der eher untypischen und sicherlich auch charakteristischen Rückseite wirkt das Magic 6 Pro hinsichtlich Designsprache eher so als hätten Galaxy und iPhone ein Kind bekommen. Während man bei den abgerundeten Displayseiten nah an Samsung dran ist, bietet man als einer der wenigen Hersteller von Android-Smartphones eine Frontkamera- und Sensor-"Pille". Sie ähnelt tatsächlich der Funktionalität von Apples oft belächelter, aber gern genutzter "Dynamic Island".

Anders als man es von Apple gewohnt ist, erweitert sich die Aussparung neben Kamera und Sensor allerdings nur in wenigen Anwendungsszenarien. Das gilt vorzugsweise für Medienwiedergabe, wie zum Beispiel Youtube (Music) oder Spotify. Was tatsächlich wie bei Apple funktioniert ist die biometrische 3D-Gesichtserkennung. Damit lassen sich Smartphone entsperren, aber beispielsweise auch Online-Banking und Behördenwege digital erledigen. Alternativ dazu gibt es theoretisch einen Fingerabdrucksensor im Display - der allerdings immer wieder zu Aussetzern neigte.

Screenshot
"Dynamic Island" für Anfänger: Das Feature beschränkt sich weitgehend auf Medienwiedergabe – praktisch ist es trotzdem.
Screenshot/Brandtner

Am AMOLED-Display des Magic 6 Pro selbst gibt es tatsächlich fast nichts auszusetzen. Als Nutzer eines Google Pixel 8 Pro fiel es lediglich schwer, wieder zu einem Modell mit gebogenen Displaykanten zurückzukehren. Davon unabhängig zählt das Display mit Spitzenhelligkeiten bis zu 5.000 Nits zu den leuchtstärksten am Markt, was sich aber "nur" beim Betrachten von HDR-Inhalten wirklich stark bemerkbar macht.

Im Alltag wesentlich sinnvoller und praktischer erscheint die hervorragend funktionierende automatische Helligkeitsregulierung, die in Kombination mit der variablen Bildwiederholrate bis zu 120 Hertz nicht nur Strom spart und für das Always-On-Display notwendig erscheint, sondern auch dazu beitragen dürfte, den Energieverbrauch sehr niedrig zu halten, doch dazu später mehr. Überrascht hat auch die Unterstützung von Dolby Vision, ein Bildoptimierungs-Standard, der immer häufiger von Streaming-Plattformen genutzt wird. Sie unterstreicht, was ansonsten auch gilt: Das FHD+-Display (1.280 x 2.800 Pixel) punktet mit kräftiger Farbgebung, ohne sich dabei zu unnatürlichen Farben hinreißen zu lassen.

Hohe Performance und viele KI-Versprechen

Das Herzstück des Honor Magic 6 Pro ist der Snapdragon 8 Gen 3 von Qualcomm, ein System-on-a-Chip (SoC) wie er 2024 in den meisten Android-Flaggschiffen vorzufinden sein wird. Das SoC verfügt über eine Achtkern-CPU sowie eine integrierte Grafikeinheit Adreno 750. Das Besondere an der neuen Iteration ist dank zusätzlichem Prozessor allerdings das Potenzial, generative KI-Modelle direkt auf dem Gerät laufen zu lassen.

Multimodale Sprach- oder Bildanwendungen sucht man auf dem Magic 6 Pro aber noch vergeblich: Man befinde sich erst in der Entwicklungsphase, das Sprachmodell LlaMA von Meta in das System zu integrieren, heißt es auf Nachfrage bei Honor. Auch simplere KI-gestützte Bildbearbeitungstools, wie sie Pixel-User mit dem Magic Eraser zu schätzen gelernt haben, lassen offenbar noch auf sich warten.

Wenn beim Magic 6 Pro von KI-Tools die Rede ist, dann geht es Honor derzeit noch ganz sanft an und unterstützt beim Fotografieren etwa mit einem Aufnahmealgorithmus, der den richtigen Moment vorhersagen und festhalten soll. Beim Versuch, schwer zu bändigende Jungkatzen beim Herumtollen aufzunehmen, konnte das "AI Motion Sensing" allerdings wenig überzeugen.

Ein anderer Versuch, KI schmackhaft zu machen, ist das Prognostizieren wichtiger (und wohl auch häufig genutzter) Apps für den Nutzer, die automatisch in einem prominenten Ordner auf dem Startscreen angezeigt werden. Vom Hocker hauen dabei weder Idee noch Umsetzung. Auch eine intelligente Lautstärkeregelung für Telefonate ließ keine nennenswerten Vorteile erkennen: Sie soll die Gesprächslautstärke automatisch an die Umgebung anpassen können.

Wenn es um KI geht, muss man sich bei Honor vielmehr auf ein Versprechen für die Zukunft verlassen. Was unter all dem KI-Buzzwording begraben tatsächlich nach einer spannenden Lösung klingt, ist ein Assistent von Honor, der "Magic Portal" heißt: Angenommen, man erhält über einen Messenger eine Bild- oder Textnachricht, kann man diese lang gedrückt an einen der beiden Bildschirmränder ziehen.

Screenshot
Die Leistung des neuen Snapdragon 8 Gen 3 kann sich sehen lassen – selbst wenn dem SoC nach 20 Durchgängen die Puste ausgeht.
Screenshot/Brandtner

Dort erscheint eine Auswahl an Apps, mit denen man die Nachricht über Drag & Drop direkt verknüpft. So lässt sich beispielsweise mit einem Whatsapp-Foto nach passenden Ebay-Auktionen suchen oder die Adresse aus einer E-Mail direkt mit der Routenplanung von Google Maps verbinden. Ein praktisches Anwendungsgebiet, das auf dem verfügbaren Gerät leider noch nicht funktionierte.

Was hingegen funktionierte, waren herkömmliche Benchmarks, die die Leistung des Magic 6 Pro veranschaulichen. Wenig überraschend untermauern sie das, was sich im Alltag zeigt: Derzeit mag es vielleicht Anwendungen geben, die das Smartphone leicht erwärmen, eine wirkliche Herausforderung für den neuen Snapdragon in Kombination mit 12 GB Arbeitsspeicher und schnellem Festspeicher (512 GB, UFS 4.0) scheint es allerdings keine zu geben. Die Bedienung geht sehr flüssig und flott von der Hand und auch beim Starten und Wechseln zwischen Apps zeigen sich keine Auffälligkeiten.

Im Geekbench 6 erreicht das Smartphone Werte von 2.024 Punkten im Single-Core-Score. Bei Wildlife Extreme kam das Magic 6 Pro auf 5.210 Punkte, das sind Bestwerte für das neue SoC von Qualcomm. Bei wiederholten Testdurchläufen sackt die Leistung zwar deutlich ab, um eine Überhitzung zu vermeiden – sie erreicht mit 3.420 Punkten aber immer noch Resultat, das Konkurrenten blass aussehen lässt.

Aufgeblähte Magie für Android 14

Die gute Nachricht zuerst: Grundsätzlich nutzt das Magic 6 Pro Googles Betriebssystem Android 14, das eine vollständige Google-Integration mit allem Drum und Dran enthält. Auf Nachfrage beim Hersteller auch inkludiert sind die nächsten vier großen Systemupdates und fünf Jahre lang Sicherheitspatches. Das ist freilich kein Rekord, kennt man von anderen Herstellern leider aber auch deutlich schlechter.

Alles andere als gut hingegen ist der Versuch, den Nutzern mit der Oberfläche MagicOS 8.0 einen Rucksack voller Bloatware umzuhängen. Mehr als ein Dutzend überflüssiger Apps - teils von Hnor selbst, teils von Booking.com, Trip.com oder WPS Office - werden dem geneigten Käufer bei der Erstinstallation untergejubelt und blasen den Umfang unnötig auf. Ansonsten hält der Oberflächen-Feinschliff des Betriebssystems keine großartigen Überraschungen parat. Zusatzfunktionen, wie etwa die Möglichkeit, App-Ordner auf dem Startbildschirm zu vergrößern, sind willkommen, aber kein Wurf, bei dem man lange applaudieren müsste.

Läuft und läuft und läuft

Als wahres Highlight hingegen entpuppte sich innerhalb einer Woche die Akkulaufzeit des Magic 6 Pro. Tatsächlich zeigte das Smartphone nach einem Tag anspruchsvoller Nutzung oft noch 50 Prozent Ladestand an und wurde nur durch Benchmarks verfrüht zum Zwischenstopp an der Steckdose gezwungen.

Das Bild zeigt ein Honor Magic 6 Pro
"Epi Green" nennt Honor den gedämpften Grünton der griffigen Rückseite aus Kunstleder.
STANDARD/Brandtner

Das liegt einerseits daran, dass das Smartphone mit Honors zweiter Generation einer Silizium-Kohlenstoff-Batterie ausgestattet ist. Sie zeichnet sich durch eine höhere Energiedichte aus als herkömmliche Lithium-Ionen-Batterien. Dank dieser Technologie konnte Honor einen 5.600-Milliamperestunden-Akku in das schlanke Design des Telefons integrieren. Andererseits werden sicherlich auch Softwareoptimierungen bei Hintergrundaktivitäten dazu beitragen, dass Nutzerinnen und Nutzer bei moderater Nutzung locker zwei Tage lang ohne Nachladen auskommen.

Ist der Akku einmal leer, muss man auch nicht lange warten, bis das Gerät wieder "einsatzbereit" ist: Wer ein 80-Watt-Netzteil bei der Hand hat, das nicht im Lieferumfang enthalten ist und als Zubehör von Honor mit 50 Euro zu Buche schlägt, kann das Magic 6 Pro in einer guten halben Stunde von null auf 100 Prozent aufladen. Alternativ dazu wird kabelloses Laden bis 66 Watt unterstützt – diese Ladezeit konnte nicht nachgeprüft werden, müsste aber ungefähr bei einer Dreiviertelstunde liegen.

Gelungene Kamera

Das Kamerasystem des Magic 6 Pro besteht aus einer Hauptkamera mit variabler Blende, einer Ultraweitwinkelkamera (beide jeweils 50 Megapixel) und einem Teleobjektiv mit 180 Megapixel, das über einen 2,5-fachen optischen und bis zu 100-fachen digitalen Zoom verfügt. Die Selfie-Kamera auf der Front verfügt ebenfalls über 50 Megapixel. Punkten kann das System insbesondere bei hellem Umgebungslicht, wo es dank Autofokus, optischer Bildstabilisierung und großen Sensoren in den meisten Fällen viele Details einfangen und eine gute Tiefenschärfe erzielen kann.

Nicht durchwegs überzeugen konnten die Porträtaufnahmen. Zwar ließen sich nach ein paar Anläufen ganz brauchbare Ergebnisse erzielen, mitunter kam es aber in manchen Lichtsituationen zu verwaschenen Aufnahmen oder einer unnatürlichen Glättung von Details. Auch bei Makroaufnahmen scheinen das iPhone 15 Pro Max und das Google Pixel 8 Pro ab Werk leicht die Nase vorn zu haben, ein Wow-Effekt blieb beim Magic 6 Pro aus. Vermutlich müsste man manuell noch länger an den Einstellungen der Kamera-Software herumspielen, um die Ergebnis-Lotterie einzugrenzen und um konstant bessere Ergebnisse zu erzielen.

Das Bild zeigt ein Honor Magic 6 Pro
Insgesamt kann das Kamerasystem als gelungen betrachtet werden, der 100x-Zoom ist freilich Unfug.
STANDARD/Brandtner

Was von Anfang an fast schon zu erwarten war: Aufnahmen mit hohem Zoom (ab 20x) sind grundsätzlich für nichts zu gebrauchen und bei 100x Zoom können Motive eher nur als abstrahiert bezeichnet werden. Für manche mag das ein gelegentlicher Spaß sein, für die meisten wohl eher Zeitverschwendung. Durch den Einsatz von Post-Processing und hoher Sensorauflösung überzeugt das System aber auch bei bis zu 20-fachem Zoom meist mit erstaunlich detaillierten Bildern.

Für Videoaufnahmen bietet das Magic 6 Pro eine 4K-Fähigkeit mit bis zu 60fps und stabilisierten Aufnahmen über den gesamten Zoom-Bereich. Die Selfie-Kamera mit 50MP und Autofokus liefert brauchbare Ergebnisse, sowohl bei Fotos als auch bei Videos. Insgesamt betrachtet mag das Kamerasystem des Magic 6 Pro nicht perfekt sein, vor allem weil man für Makro- und Porträt-Aufnahmen ein wenig Geduld braucht. Als gelungen kann man das Gesamtpaket dennoch bezeichnen, nicht zuletzt dank der Kamera-Software, die sich hinsichtlich Bedienbarkeit und vor allem Reaktionsschnelligkeit keine Patzer erlaubt.

Fazit

Wer gibt schon 1.300 Euro für ein Smartphone von Honor aus? Hat man das Magic 6 Pro einmal im Alltag im Einsatz erlebt, nutzt sich der rhetorische Charakter dieser Frage ein bisschen ab. Hervorragende Verarbeitung und hochwertige Hardware, die sich am schnellsten bei der Kamera und dem neuen SoC bemerkbar macht, sind gute Anwälte für das neue Flaggschiff von Honor. Und wer die "Inselgefühle" von Apple (samt 3D-Gesichtserkennung) in der Android-Liga vermisst haben sollte, könnte hier noch am ehesten sein Glück finden. Für einen nachhaltigen Erfolg des neuesten China-Krachers ist dieses Zielpublikum wohl zu exotisch.

Das Magic 6 Pro hat zudem Defizite vom Oberklassen-Champion abgeschaut – KI-Tools sind nämlich auch hier ähnlich überschaubar. Besonders dann, wenn man wie der Autor die Bildbearbeitungs-Magie eines Pixel 8 Pro gewohnt ist oder weiß, dass auch Samsung für das neue Ultra deutlich größere Geschütze auffährt. Und auch sonst ist es gerade wegen des spezialisierten Highend-SoC recht enttäuschend, dass das Smartphone vergleichsweise wenig KI-Features zu bieten hat. Vielversprechende Tickets für die Zukunft können hier bedingt berücksichtigt werden. Natürlich handelt es sich bis zu einem gewissen Grad auch nur um "Spielereien" – aber wer niedrige Ansprüche an Smartphones stellt, ist mit der obersten Klasse ohnehin falsch beraten.

Das führt letztlich zu der Frage, was die Magie bei einem Top-Smartphone ausmacht. Überhaupt, wenn es "Magic" im Namen trägt. Am ehesten trifft das hier noch auf die Akkuleistung zu, die für ein Gerät dieser Klasse ausgezeichnet ist. Ansonsten kämpft der Honor-Neuling mit dem entscheidenden Haken, dass er für einen Preis von 1.300 Euro am Datenblatt zwar wenig falsch macht, im Alltag aber irgendwie auch furchtbar langweilig ist: Jedenfalls fällt es schwer, ein Szenario zu finden, weshalb Interessenten für den gleichen Preis nicht doch (wieder) zu einem iPhone Pro Max, Galaxy Ultra oder einem Pixel Pro greifen sollen. Anders formuliert: Ohne deutlichen Preisunterschied, der China-Handys im Premiumsegment früher immer ausgezeichnet hat, sind die meisten gut beraten, bei bekannten Schmieden zu bleiben und nicht zum Schmiedl zu gehen. (Benjamin Brandtner, 8.3.2024)

Testfotos

Testfoto
Porträt-Modus, 2x-Zoom, Kunstlicht.
Brandtner
Testfoto
Porträt-Modus, 2x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 5x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 2,5x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 100x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 20x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 10x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 5x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, 2,5x-Zoom, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Weitwinkel, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Makro-Modus, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Weitwinkel, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Tageslicht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Nacht.
Brandtner
Testfoto
Standard-Modus, Nacht.
Brandtner