"Das Kino ist keine Schulklasse, also gibt es hier nichts zu lernen. Aber viel zu sehen", lautete einer der typischen Aphorismen von Michael Glawogger (1959–2014). Hier eine Szene aus " Contact High".
ÖFM

An seinem Geburtstag am 3. Dezember 2013 hatte Michael Glawogger zu einer Abschiedspressekonferenz in seinen Garten geladen, von der damals niemand wissen konnte, dass es ein endgültiger Abschied sein wird. Er wollte zu einer Weltreise aufbrechen und sich der Welt in einem namenlosen Dokumentarfilm radikal öffnen: "Dieser Film soll ein Bild der Welt entstehen lassen, wie es nur gemacht werden kann, wenn man keinem Thema nachgeht, keine Wertung sucht und kein Ziel verfolgt. Wenn man sich von nichts treiben lässt außer der eigenen Neugier und Intuition."

Als der gefeierte und beliebte Filmemacher dann im März 2014 in Liberia an Malaria starb, war der Schock nicht nur in Österreich groß. Das Material der Reise sollte von Editorin Monika Willi zu "Untitled" verarbeitet werden. Auch der dritte Teil seiner "Sex, Drugs & Rock 'n' Roll"-Trilogie wurde mit "Hotel Rock 'n' Roll" von Michael Ostrowski und Helmut Köpping vollendet.

Dokus und Spielfilme

Nun, zehn Jahre später und rund um seinen Todestag, feiert das Wiener Filmmuseum den "Maverick" des österreichischen Kinos mit einem umfassenden Tribute. Dabei sind Glawoggers eigene Filme samt seines studentischen Frühwerks neu oder wieder zu entdecken – insgesamt 33 Filme inklusive einiger Miniaturen. Darunter finden sich die bekannten, zur Trilogie zusammengefassten Dokumentarfilme "Megacities", "Workingman's Death" und "Whores' Glory" ebenso wie die humorvollen Spielfilme "Slumming", "Nacktschnecken" oder "Contact High". Aber auch sein Beitrag zu Wim Wenders' Architektur-Kompendium "Kathedralen der Kultur" über die Bibliothek von St. Petersburg oder der Essay über die österreichische Sportbegeisterung, "Frankreich, wir kommen!", werden gezeigt.

The Match Factory

Als Referenz ist unter dem Titel "Glawogger Favorites" auch eine Reihe seiner Lieblingsfilme eingestreut, etwa John Hustons "Fat City" oder – vielleicht das erste Mal auf der ehrwürdigen Filmmuseum-Leinwand – "Zwei Himmelhunde auf dem Weg zur Hölle" mit Bud Spencer und Terence Hill.

Zahlreiche Gäste

Zu diesen filmischen Erinnerungsabenden für einen der größten und wildesten österreichischen Filmemacher werden auch zahlreiche Gäste erwartet, darunter Michael Ostrowski (21. März), Veronika Franz (1. April), Andrea Glawogger (11. April), Michael Sturminger (17. April), Monika Willi (22. April) und Barbara Albert (25. April).

Michael Glawogger war jemand, der die Menschen an den Rändern der Welt in den Mittelpunkt seiner Filme stellte und ihnen über den Umweg des Kinos die Würde zurückgab, die ihnen andere geraubt hatten. Darüber hat er auf seiner letzten Weltreise auch ein wunderbares Tagebuch geführt, das er von unterwegs im STANDARD veröffentlichte. Aus Liberia schickte er seinen vorletzten Eintrag, veröffentlicht unter dem Titel "Zwischen zwei Welten – Limerika" mit einem Gedicht über die Gewitternacht in Monrovia. (Marian Wilhelm, 20.3.2024)