Ein links gelegener Weißer Zwerg entzieht dem rechts gelegenen Roten Riesen Material und nimmt es in seine Akkretionsscheibe auf.
Künstlerische Darstellung eines Systems wie T Coronae Borealis.
NASA/CXC/M.Weiss

Am Anfang der Geschichte steht ein Missverständnis: Als der dänische Astronom Tycho Brahe, der letzte große Sternforscher vor der Erfindung des Teleskops, im Jahr 1572 einen neuen Stern aufleuchten sah, schreib er lateinisch von einem "stella nova". Doch es handelte sich in Wirklichkeit nicht um einen "neuen" Stern, sondern um eine Sternexplosion, die nach einiger Zeit wieder verblasste.

Der Begriff der "Nova" etablierte sich trotzdem als Fachausdruck für Sternexplosionen und erfuhr mit den Zusätzen der Super- und Kilonova mehrere Erweiterungen. Die Novae stehen oft im Schatten der mächtigen Supernovae. Das könnte sich dieses Jahr ändern: In einem etwa 2.600 Lichtjahre entfernten Sternensystem könnte sich bis Herbst eine Sternexplosion ereignen, die so hell sein wird, dass sie sich sogar mit dem Polarstern messen kann. Sie könnte das große astronomische Highlight dieses spektakulären Himmelsbeobachtungsjahres werden, das mit der totalen Sonnenfinsternis in den USA und dem Kometen Pons-Brooks bereits mit zwei Leckerbissen aufwartet.

Helligkeitsanstieg

Ort des Phänomens wird das System T Coronae Borealis sein, das etwa 3.000 Lichtjahre entfernt liegt und nach dem lateinischen Namen des Sternbilds der Nördlichen Krone bekannt ist. Es handelt sich um ein Doppelsternsystem aus einem Roten Riesen und einem Weißen Zwerg, die einander etwa alle 200 Tage umkreisen, wobei Letzterer Ersterem fortwährend Material entzieht. Wird die Menge des Materials groß genug, entzündet es sich in einer Kernfusionsreaktion. Diese Explosion, die physikalisch der einer Wasserstoffbombe ähnelt, ist so hell, dass sie von der Erde aus deutlich zu sehen ist.

Das ist nicht nur eine Behauptung, die sich aus Modellrechnungen herleitet: Es handelt sich um ein Phänomen, das sich etwa alle 80 Jahre wiederholt und bereits mehrmals beobachtet wurde. Einmal was das 1866 und einmal 1946 der Fall.

Warum das Ereignis gerade 2024 erneut auftreten sollte, erschließt sich aus den früheren Zeitpunkten nicht unmittelbar. Eigentlich sollte erst in zwei Jahren damit zu rechnen sein. Die Erwartung, dass es bereits dieses Jahr so weit sein sollte, ergibt sich aus einer Beobachtung aus dem Jahr 2015. Damals trat T Coronae Borealis in einen aktiveren Zustand ein und wurde sowohl heller als auch blauer. Ein solcher Zustand war auch 1938 beobachtet worden, also etwa acht Jahre vor dem damaligen Ausbruch.

Ein Diagramm von Daten, das vom 19. Jahrhundert bis 2015 reicht. Die Nova ist als Peak im Jahr 1946 zu sehen.
Die Veränderung der Aktivität von T Coronae Borealis. Der Anstieg im Jahr 2015 ist gut zu erkennen.
Bradley E. Schaefer

Laut dieser Logik sollte der Ausbruch bereits überfällig sein. Eine genaue Abschätzung des Zeitpunkts nahm letztes Jahr der Astrophysiker Bradley Schaefer von der Louisiana State University vor. In einer Studie, die im Fachjournal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" erschien, prognostizierte Schaefer das nächste Auftreten der Nova für 2025. Doch bald darauf revidierte er diese Einschätzung auf Basis neuerer Daten. Demnach sollte es zwischen Februar und August 2024 so weit sein.

Inzwischen hat die Aktivität von T Coronae Borealis wieder abgenommen und ist in ein unregelmäßiges Flackern übergegangen. Auch das passierte in den 1940er-Jahren vor dem letzten Auftreten der Nova.

Hell wie der Polarstern

Seit Februar warten Sternbegeisterte also auf das Jahrhundertereignis. T Corona Borealis stellt insofern einen Glücksfall dar, als es sich um eine der hellsten bekannten Novae handelt. Sie soll eine maximale Magnitude von zwei erreichen, was etwa so hell ist wie der Nordstern. Das Licht wird also gut mit freiem Auge zu sehen sein.

Sobald es so weit ist und T Coronae Borealis am Himmel erstrahlt, gilt es, schnell zu sein. Es handelt sich um ein kurzlebiges Phänomen, das für astronomische Verhältnisse nicht einmal einen Wimpernschlag andauert. Nach wenigen Tagen wird der Spuk vorbei sein.

Die Nova wird neben dem Sternbild des Herkules zu sehen sein.
NASA

Wer allerdings über ein Teleskop verfügt, sollte weiterhin aufmerksam bleiben. Dem ersten Ausbruch folgt mit 85 Tagen Verzögerung ein schwächerer zweiter, der eine Magnitude von 10 aufweisen wird. (Eine höhere Zahl bedeutet geringere Leuchtkraft.) Gewöhnliche Feldstecher reichen dafür gerade nicht mehr aus. Dieser wird mit 90 Tagen aber deutlich länger dauern. Zur Anschaffung und dem Aufstellen eines Teleskops bleibt also genug Zeit. (Reinhard Kleindl, 21.3.2024)