Plötzlich wird es dunkel. Fernseher, Geschirrspüler, Kühlschrank, nichts geht mehr – Blackout! Das Schreckgespenst eines großflächigen, langanhaltenden Stromausfalls schaffte es in den vergangenen Jahren zu einer gewissen Prominenz unter den Katastrophenszenarien. Spätestens seit im Winter vor einem Jahr im Gefolge des russischen Einmarsches in die Ukraine die Angst vor Gasengpässen in Europa umging, erhielt das Thema viel, vielleicht zu viel mediale Aufmerksamkeit.

Völlig ohne Grundlage waren die Sorgen vor einem Blackout damals freilich auch nicht. Tatsächlich kann eine Gasmangelsituation dazu führen, dass die für die Stromnetzstabilität erforderlichen Gaskraftwerke nicht mehr ausreichend versorgt werden. Verschärft wurde die Lage damals von schwerwiegenden Engpässen im französischen Stromnetz: Wegen Wartungsarbeiten und wetterbedingter Abschaltungen lieferte 2022 ein großer Teil der 56 französischen Atomkraftwerke wochenlang keinen Strom.

Hochspannungsleitungen
Bei einem echten überregionalen Blackout sind vor allem die Hochspannungs-Übertragungsnetze betroffen.
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Kritische Situationen

Am Tiefpunkt dieser Phase produzierten Frankreichs AKWs rund einen Monat lang nur 40 Prozent der maximalen Strommenge – das traditionelle Stromexportland wurde vorübergehend zum Importeur. Im dichten Gewebe der europäischen Stromnetze schlug sich das unter anderem in Form höherer Strompreise nieder, was den Eindruck erweckte, als gäbe es einen Energiemangel. Während sich die Situation seither wieder stabilisiert hat, gab es in den Jahren davor mehrere Vorfälle, die weite Teile Europas an den Rand eines Stromausfalls gebracht haben. Im Jänner und Juli 2021 beispielsweise kam es im europäischen Stromversorgungssystem zu zwei Großstörungen, die letztlich glimpflich verliefen.

Aber was versteht man eigentlich genau unter einem Blackout? Herkömmliche Stromausfälle sind in Österreich eigentlich keine Seltenheit. Im Durchschnitt muss jeder heimische Haushalt jährlich rund 40 Minuten ohne Strom auskommen. In solchen Fällen sind in der Regel nur die lokalen Verteilnetze betroffen, Nieder- oder Mittelspannungsnetze, die typischerweise durch einen umgestürzten Baum oder Ähnliches unterbrochen wurden. Ein solches Unglück kann auch schon einmal größere Regionen betreffen, ein echter Blackout ist das aber noch nicht.

Worst-Case-Szenario

Ein tatsächlicher Blackout dagegen ist ein langanhaltender überregionaler, bisweilen sogar länderübergreifender Stromausfall, der auch die Infrastruktur in Mitleidenschaft ziehen kann. Ein solches Worst-Case-Szenario ist ein extrem seltenes Katastrophenereignis; dass ein derartiger Fall eintritt, hält auch die österreichische Regulierungsbehörde E-Control für äußerst unwahrscheinlich. Betroffen sind dabei die Hochspannungs-Übertragungsnetze. Zwar bedeutet das nicht, dass der Ausfall einer solchen Leitung zwangsläufig zu weiträumiger Finsternis führt, denn normalerweise findet der Strom dann einen anderen Weg.

Kritisch kann es aber werden, wenn unter ungünstigen Bedingungen gleich mehrere Ereignisse zusammenkommen, etwa wenn wichtige Leitungen oder Kraftwerke ausfallen und zugleich der Strombedarf besonders hoch ist. Eine Folge wäre dann der sogenannte "System-Split", bei dem sich ein großes Stromnetz in mehrere Teilnetze aufteilt, wie Stromexperte Herwig Renner von der TU Graz erklärte. Problematisch ist, wenn Verbrauch und Erzeugung in diesen Netzteilen nicht ausgeglichen sind, wenn also der Strom aus Wasserkraft oder Windkraft nicht dort erzeugt wird, wo die großen Verbraucher sind.

2003 war der Stromimporteur Italien von einem solchen Riss im Stromnetz betroffen. Wie ein Reißverschluss sind damals die Stromverbindungen zwischen Italien und dem Rest Europas aufgegangen. 13 Stunden hat es gedauert, bis der Großteil des Netzes wiederhergestellt war, 20 Stunden vergingen bis zur vollständigen Wiederherstellung.

Kaskadeneffekt nach dem Blackout

Ein mehrere Tage andauernder Blackout kann erhebliche Folgen nach sich ziehen, Fachleute sprechen von Kaskadeneffekten: Lebensmittel verderben, Lieferketten werden unterbrochen, die Produktion steht still. Das kann so weit gehen, dass Nutztiere ersticken, weil die Belüftung ausfällt, dass Wassermangel ausbricht, weil Pumpen außer Betrieb sind. Wasserleitungen, die wiederum längere Zeit trockenfallen, müssen später wieder entkeimt werden. Freilich wäre nicht jeder Haushalt in Österreich gleichermaßen von einem Blackout betroffen. In Wien beispielsweise mit seinem Hochquellwasser hilft großteils die Schwerkraft bei der Wasserversorgung. Im innerstädtischen Bereich sollte die Wasserversorgung auch ohne Pumpen bis ins vierte Stockwerk gewährleistet sein.

Anders sieht es bei den Mobilfunknetzen aus: Zwar sind die Mobilfunksendestationen mit Notbatterien ausgestattet. Doch diese halten im Falle eines Blackouts nur eine begrenzte Zeitlang. Handymasten, die für eine große Menge Handys zuständig sind, haben Strom für maximal drei Tage, kleinere Masten halten etwa zwei bis drei Stunden ohne Strom durch. Also schon nach wenigen Stunden ohne Strom ist mit massiven Einschränkungen im Handynetz zu rechnen.

Was tun im Ernstfall?

Auch wenn die E-Control ein überregionaler Zusammenbruch der Stromversorgung in Österreich aktuell als unwahrscheinliches Katastrophenereignis bewertet, ausschließen kann man einen längeren Stromausfall nie. Nicht zuletzt durch die klimawandelbedingte Häufung von Unwettern kann es trotz einer modernen Infrastruktur zu schwerwiegenden Schäden kommen. Besonders ländliche Gebiete sind von solchen Stromausfällen betroffen.

Wie kann man sich also wappnen für den Ernstfall? Sowohl das Rote Kreuz als auch die Krisenvorsorge raten dazu, einen Tag lang den Strom abzuschalten beziehungsweise auf elektrische Geräte und Licht zu verzichten, um herauszufinden, was im Haushalt fehlen könnte. Ganz oben auf der Vorratsliste sollten laut dem Österreichischen Zivilschutzverband vor allem Essenzielles stehen, wie Taschenlampen mit ausreichenden Ersatzbatterien, Kerzen, Trinkwasser und nicht kühlpflichtige, lang haltbare Lebensmittel, die auch ohne Kochen genießbar sind.

Im Winter sind demnach auch zusätzliche Decken, ein Batterieradio, ein Gaskocher und Ersatzkartuschen, Medikamente sowie eine gewisse Menge Bargeld kein Fehler. Am aller wichtigsten allerdings – und da sind sich alle Fachleute einig – ist, im Ernstfall Ruhe zu bewahren. Denn auch ein echter Blackout dürfte in wenigen Stunden wieder vorüber sein: Laut einer im Auftrag des Österreichischen Parlaments vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung der ÖAW und dem AIT durchgeführten Studie aus dem Jahr 2022 würde es bei einem Blackout in Österreich selbst im schlimmsten angenommenen Szenario nur zwischen sechs und 48 Stunden dauern, ehe alle Verbraucher und Verbraucherinnen wieder vollständig mit Strom versorgt wären. (Thomas Bergmayr, 8.4.2024)