Vladimir Putin verlangt von seinen Untertanen ein Ökosystem für Videospiele. Deadline für die ersten Pläne ist im Juni 2024.
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Die Plan zur "sozioökonomische Entwicklung der Region Kaliningrad" macht gerade internationale Schlagzeilen. Es geht ausnahmsweise auch nicht um die russische Antwort auf Tesla, den Avtotor, ein Elektroauto, das wegen seiner Hässlichkeit viral ging und in Kaliningrad produziert werden soll. Und nein, es geht auch nicht um die von der tschechischen Onlinecommunity durchgeführte Volksabstimmung, wonach das Gebiet eigentlich der Republik Tschechien gehört. Diesmal ist es Vladimir Putin selbst, der mit einer eigenwilligen Anordnung aufhorchen lässt. Er hat im Prinzip die Schaffung einer russischen Variante von Steam befohlen.

Insgesamt neun Anweisungen gab Putin seinen Untertanen in Kaliningrad. Eine davon ähnelt ziemlich genau dem, was Gaming-Gigant Valve in den letzten Jahren getan hat, wie das Fachmagazin "PC Gamer" herausfand. Der Plan wurde von Putin an den Premierminister Mikhail Mishustin übergeben und sieht eine neue russische Spieleplattform, stationäre und tragbare Konsolen, ein Betriebssystem und eine Cloud für Videospiele vor. Also Steam Machines, Steam Deck, SteamOS und Steam. Der Zeitrahmen ist äußert knapp: Mishustin hat eine "Ausführungsfrist" bis zum 15. Juni, um die Produktion der Hardware und der technischen Infrastruktur zu organisieren.

Es wird schwierig

Dieser Zeitrahmen führt dürfte für nicht viel mehr reichen, als ein "Sir, es wird schwierig werden", spottet man bei "PC Gamer". Eine Lösung wäre, einfach ein bahnbrechendes Spiel wie "Half Life 2" zu entwickeln, heißt es in dem Bericht weiter. Mit dem Blockbuster konnte Valve damals die eigene Verkaufsplattform Steam etablieren und ein Quasi-Monopol am Markt für PC-Spiele aufbauen.

Die russische "Kommersant" hat recherchiert, ob es überhaupt möglich ist, ein Gaming-Ökosystem in zwei Monaten zu entwickeln. Dazu hat man mit Vertretern der Branche gesprochen, darunter der Produktdirektor von Lesta Games, dem Unternehmen, das den "World of Tanks"-Klon in der Region betreibt: Die Entwicklung eines kompletten Systems von Grund auf könnte fünf bis zehn Jahre dauern und aus technischer Sicht immer noch 15 Jahre hinter anderen Systemen zurückbleiben, lautet das ernüchternde Urteil.

Kreml will eigene Spiele

Warum ausgerechnet die russische Exklave Kaliningrad zwischen Litauen und Polen für ein derartiges Projekt ausgewählt wurde, ist relativ klar: Das Gebiet hat Zugang zur Ostsee und ist eine Sonderwirtschaftszone. Außerdem befindet sich hier eine Produktionsanlage in der jährlich angeblich 200 Millionen Siliziumwafer hergestellt werden. Diese könnten unter anderem in den Spielkonsolen eingesetzt werden. Das wäre aber immer noch kein Vergleich zu westlicher Hardware von Nvidia, Intel oder AMD, wie "Tom's Hardware" beschreibt. Auf der Softwareseite gibt es wahrscheinlich weniger zu tun: In Russland wird auf staatliche Anordnung Astra Linux als Betriebssystem verwendet, dieses könnte in eine spielefreundliche Variante im Stil von SteamOS modifiziert werden.

Der russische Spielemarkt ist seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine von den Produkten großer westlicher Firmen weitgehend abgeschnitten, wie "Heise" berichtet. So werden etwa die Playstation-Konsolen nicht mehr in Russland verkauft. auch Microsoft hat sich mit der Xbox aus Russland verabschiedet. Zahlreiche Spielehersteller und Publisher haben ihrerseits Sanktionen gegen Russland verhängt.

Der Kreml hat laut "Game Rant" immer wieder mit Verboten westlicher Spiele gedroht. So sollen Titel wie "Apex Legends" und "The Last of Us Part 2" laut Wahrnehmung der russischen Regierung Pro-LGBTQ-Propaganda enthalten. (pez, 1.4. 2024)