Oft braucht man gar nicht in die Natur zu gehen, damit man zum Taschentuch oder den Augentropfen greifen muss.
imago stock&people

"Hatschi", hört man es bereits seit einigen Tagen an jeder Ecke ertönen. Schuld muss zumeist gar nicht eine herkömmliche Erkältung mit passend rinnender Nase sein, sondern derzeit hängt es wohl viel öfter mit der bereits gestarteten Pollensaison zusammen. Diese hat dank frühlingshafter Temperaturen wieder einmal sehr früh im Jahr die Pforten geöffnet, und so ist es kein Wunder, dass eine steigende Anzahl an Menschen über juckende Augen, rinnende Nasen oder sogar Asthma klagt.

Besonders tückisch ist, dass viele Allergiker nicht nur auf eine Pollenart allergisch sind, sondern auf einen ungesunden Mix aus Gräser-, Buchen-, Birken-, Hasel- oder Erlenpollen. Da lohnt es sich tatsächlich zu wissen, welche dieser Pollen gerade besonders stark blühen. Kenner wissen, die Intensität kann zudem stark variieren, weshalb Informationen zu den kommenden Tagen eine große Hilfe sein können. Als Fels in der Pollenbrandung haben sich in diesem Zusammenhang diverse Apps über die Jahre etabliert.

Wirklich genau können diese allerdings nicht arbeiten, wie immer wieder zugegeben wird. Das liegt vor allem daran, dass es wesentlich weniger Messstationen für Pollen als etwa für das Wetter gibt. Die von den Apps oder auf Websites ausgespuckten Ergebnisse sind deshalb oftmals Hochrechnungen und Wahrscheinlichkeiten. Forscher in jenen Gebieten, in denen gemessen wird, müssen dann aufgrund der Wetterlage einschätzen, wie die Belastung an anderen Orten wohl sein wird.

Die Sinnhaftigkeit von Apps wird dennoch in der allgemeinen Diskussion selten angezweifelt. Immer wieder seien Allergiker ohnehin spät dran, sich um die nötige Medikation zu kümmern, weshalb Apps – vor allem als Vorteil gegenüber Websites mit ähnlichen Informationen – zwar den Heuschnupfen nicht verhindern, jedoch mit anderen Services oder Zusatzfunktionen punkten können. Beispiele sind etwa ein Symptomtagebuch oder auch übersichtliche 14-Tage-Prognosen.

Ratiopharm Pollen-Radar

Eine der höchsten Bewertungen in den App-Stores genießt die Anwendung des deutschen Pharmaunternehmens Ratiopharm Pollen-Radar. Direkt auf der Startseite kann hier die Pollenflugvorhersage für den aktuellen Standort der Nutzerin oder des Nutzers eingeblendet werden. Je nach Häufigkeit werden hier 15 Pollensorten aufgezählt, darunter Dauerbrenner wie Buche, Birke und Roggen. Die Übersicht kann personalisiert werden. Sehr sinnvoll, wenn man etwa die eigenen Allergien bereits kennt. In bunten Farben wird zudem die Intensität der einzelnen Sorten angezeigt. Die Vorhersage deckt die jeweils kommenden sieben Tage ab.

Die Messkarte ist für Österreich und Deutschland verfügbar. Im "Tagebuch" kann für jeden Tag die Intensität der eigenen Beschwerden notiert werden. Unter dem Punkt "Wissen" verstecken sich Alltagstipps, die aber tatsächlich Werbung für Produkte der Firma Ratiopharm sind. Die Anwendung ist dafür kostenlos, die Eingabe von Daten nicht nötig.

Pollen-Radar für iOS

Pollen-Radar für Android

Pollen Radar
Übersicht top, die Eigenwerbung kann, muss man aber nicht gutheißen.
Ratiopharm

Husteblume

Obwohl von der Universität Wien mitentwickelt, ist die App "TK-Husteblume" nur in Deutschland sinnvoll anzuwenden. Bei der Recherche war es jedoch möglich, Salzburg als Standort einzugeben, das heißt, österreichisches Grenzgebiet scheint die App ebenfalls abzudecken. Hauptverantwortlich für die App ist allerdings die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst. Hier erwähnt wird sie auch deshalb, da sie mit zahlreichen Zusatzfunktionen glänzt.

So kann man die eigenen Allergien gleich zu Beginn angeben, und diese werden dann mit einer Pollenprognose für die kommenden drei Tage angezeigt. Auch ein Pollenalarm kann eingestellt werden, der im Falle eines Anstiegs der Belastung eine Push-Nachricht verschickt. Ein Symptomtagebuch hat die App ebenfalls im Angebot, genau wie ein Lexikon zu Allergenen. Die App ist kostenlos. Der eigentliche Anbieter, die Techniker-Krankenkasse in Deutschland, betont mithilfe von Texteinblendungen in der App, die Daten nur zu statistischen Zwecken zu sammeln.

Husteblume für iOS

Husteblume für Android

Husteblume
Der Selbsttest in "Husteblume" ist nett, ersetzt aber keinen professionellen Allergietest.
Techniker Krankenkasse

Pollen+

Was den Feature-Umfang betrifft, braucht sich die App "Pollen+" vom österreichischen Pollenwarndienst nicht zu verstecken. Zunächst kann das europäische Land ausgesucht werden, in dem man sich gerade befindet, und auch verschiedene Sprachen sind verfügbar. Das Angeben der eigenen Wunsch-Allergene sowie eine Push-Funktion sind ebenfalls vorhanden.

Am Testtag schlug diese App am stärksten bei Birke aus und prognostizierte eine hohe Belastung auch für die nächsten Tage. Zusätzlich verrät die App auch noch die Luftschadstoffbelastung und gibt in einem Kurznachrichtentext einen Überblick über aktuelle Pollenflüge. Neben einer Einschätzung, ob das Wetter derzeit für Asthmatiker gefährlich sein könnte, warnt die App zudem vor Gewittern. Die App ist kostenlos und funktioniert ohne die Eingabe eigener Daten, abseits des Standorts, versteht sich.

Pollen+ für iOS

Pollen+ für Android

Pollen+
Die App wurde von der oberösterreichischen Firma Screencode entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Pollenwarndienst der Medizinischen Universität Wien veröffentlicht.
Screencode

Weitere

Neben diversen anderen Pollenwarn-Apps finden sich Informationen zu Pollenflügen auch in den größeren Wetter-Apps. Bei "Wetter Online" etwa findet man, wenn man sehr weit runterscrollt, ebenfalls einen Absatz zur aktuellen Belastung. Hier werden die derzeit aktiven nach oben gereiht und dort in ihrer Intensität bewertet. Die Vorschau deckt eine Woche ab.

Auf deutschen Seiten wird auch immer wieder "Klarify" empfohlen, vom gleichnamigen Start-up aus Dänemark. Vor allem die grafische Aufmachung ist in der App besonders gelungen. Allerdings muss ein Account angelegt werden, wenn man eine personalisierte Übersicht oder Push-Nachrichten aktivieren möchte. Im österreichischen App-Store ist die Anwendung nicht vorhanden.

Wer den Pollenstatus lieber auf einer Website prüft, der kann auf polleninformation.at surfen. Der kostenlose Service, der allerdings eine Registrierung verlangt, ging im Juni 2023 online und steht unter der Leitung von Dr. Markus Berger, der seit mehr als zehn Jahren einer aerobiologischen Forschungsgruppe angehört. Berger hat auch an der App "Pollen+" mitgearbeitet. Die Daten erhält sein Team laut Pressemitteilung flächendeckend in ganz Österreich von den "Messstellen ("Pollenfallen") der Bundesländer". Über die Pollendatenbank European Aeroallergen Network (EAN) hat man laut Berger auch Zugriff auf etwa 520 aktive Pollenmessstellen in mehr als 40 Ländern weltweit.

Fazit

Auch wenn die Apps in manchen Teilen des Landes nur Einschätzungen geben können, waren sich die getesteten Apps einig, wenn es um aktuelle Belastungswerte ging. Das stärkt das Vertrauen, speziell weil auch aktuelle Meldungen anderer Services mit diesen Werten übereinstimmten. Ob sich der Aufwand lohnt, sich für einen besseren Überblick eine App zu installieren, muss wohl jeder für sich entscheiden.

Wer sich als Betroffener für das Thema interessiert und auch den Mehrwert einer längerfristigen Beobachtung beziehungsweise eines Symptome-Tagebuchs erkennt, der sollte sich den Download in jedem Fall überlegen. Der Blick aus dem Fenster zeigt ja, dass es dieses Jahr in jedem Fall einen langen und intensiven Frühling für uns Allergiker geben wird. (Alexander Amon, 8.4.2024)