Es ist eine jener Meldungen, die auch medial ein wenig sacken müssen. Als Sonntagvormittag die israelische Armee mitteilte, man habe fast alle Bodentruppen aus dem Süden des Gazastreifens abgezogen, herrschte zunächst einmal Erstaunen. Immerhin betont Premier Benjamin Netanjahu trotz des zunehmenden internationalen Drucks auf sein Land bei fast jeder Gelegenheit, man werde an dem Einsatz im schmalen Küstenstreifen festhalten, bis das Ziel erreicht sei: die Vernichtung der Terrororganisation Hamas. Diese allerdings ist nach israelischen Angaben auch in der Stadt Khan Younis, aus der man sich nun zurückgezogen hat, weiterhin aktiv. Erst am Samstag hatte man die Leiche einer dort ermordeten israelischen Geisel bei einem Kommandoeinsatz bergen müssen.

Israel hat den Abzug eines Großteils seiner Bodentruppen aus dem südlichen Gazastreifen – im Bild die Stadt Khan Younis – angekündigt.
AFP/MOHAMMED ABED

Die Armee nannte als Grund für den Teilabzug, man wolle den Truppen die Gelegenheit geben, sich "zu erholen und auf weitere Aufgaben vorzubereiten". Nur ein Bataillon bleibe vor Ort, um eine wichtige Straße zu sichern. Ob es sich bei der "Vorbereitung auf weitere Aufgaben" zum Beispiel um Training für einen seit langem angekündigten Angriff auf die Stadt Rafah handeln würde, war unklar. In dem Grenzort zu Ägypten, der gewöhnlich nur einige Zehntausend Einwohner hat, haben rund 1,5 Millionen Menschen aus anderen Teilen des Gazastreifens Zuflucht gefunden. Auch viele Verbündete Israels, darunter die USA, fordern von der Regierung vor einem Angriff einen glaubhaften Plan für die Evakuierung dieser Menschen. Aus den USA hieß es am Sonntag dann auch, man gehe davon aus, dass es sich tatsächlich um eine Möglichkeit zur Erholung für die Truppen handle. "Wir sehen darin keinen Hinweis auf weitere Aufgaben in den kommenden Tagen", sagte der Sicherheitssprecher des Weißen Hauses, John Kirby.

Verhandlungen in Kairo

Premier Netanjahu trat jedenfalls nur kurz nach der Ankündigung und vor einem Treffen des Kriegskabinetts vor die Presse. Seinen Worten war kein Hinweis zu entnehmen. Er betonte, was schon mehrfach zu hören war: Die Hamas hoffe, Israel werde dem internationalen Druck nachgeben und den Kampf gegen sie einstellen. Dies werde aber nicht geschehen. Der Kampf werde fortgesetzt, bis alle Geiseln befreit seien. Man sei bereit, über einen Deal zur Freilassung der Geiseln zu verhandeln, die "extremen Forderungen" der Hamas lehne man aber ab. Diese will unter anderem ein Ende des israelischen Militäreinsatzes – statt einer vorübergehenden Feuerpause – als Gegenleistung.

Nach dem Treffen des Kriegskabinetts wurde bekannt, dass Israel erneut der Entsendung eines Verhandlungsteams nach Kairo zugestimmt habe. Wie das US-Medium "Axios" und die israelische Plattform "Walla" kurz darauf berichteten, sollte das Team diesmal ein etwas erweitertes Mandat erhalten, um bei den Treffen mit dem CIA-Chef William Burns, dem katarischen Premier Mohammed bin Abdulrahman Al-Thani und dem Chef des ägyptischen Geheimdienstes, Abbas Kamel, doch noch eine Einigung erzielen zu können.

Sorge vor dem Iran

Zugleich herrscht in Israel am Wochenende weiterhin auch Spannung wegen der Ankündigung des Iran, Vergeltung für einen Luftangriff auf die Botschaft der Islamischen Republik in Damaskus vom vergangenen Montag üben zu wollen. Israels Verteidigungsminister Joaw Gallant sagte am Sonntag, man sei in dieser Hinsicht auf alle Szenarien vorbereitet. Unter anderem wurde eine Intensivierung der Angriffe der Iran-treuen libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah im Norden Israels befürchtet. (Manuel Escher, 7.4.2024)