Israelische Panzer im Gazastreifen.
Israels Armee hat sich teilweise aus dem Gazastreifen zurückgezogen.
AFP/RONALDO SCHEMIDT

Nur keine voreiligen Schlüsse ziehen, was den teilweisen Truppenabzug Israels aus dem Gazastreifen betrifft: Das war die Essenz der Botschaft, die Israels Generalstabschef Herzi Halevi am Sonntag an Israels Öffentlichkeit übermittelte. "Der Krieg in Gaza wird fortgesetzt – und wir sind weit davon entfernt, ihn zu beenden", sagte Halevi in einer Pressekonferenz. "Die Streitkräfte haben sich nicht aus dem Gazastreifen zurückgezogen, wir haben immer noch viele Kämpfer dort."

Immer noch seien namhafte Hamas-Kommandanten auf freiem Fuß – "und früher oder später werden wir sie kriegen. Wir werden kein einziges Bataillon der Hamas übrig lassen", sagte Halevi. Was bedeutet nun der Rückzug der allermeisten Bodentruppen aus dem Süden des Gazastreifens?

Ein Vorbote auf ein baldiges Ende im Gazakrieg ist er jedenfalls nicht. Schon im Jänner hatte die Armee begonnen, mehrere Divisionen abzuziehen, weil man eine neue Phase des Kriegs eröffnete – die sogenannte Phase drei. Nachdem Luftwaffe, Artillerie und Bodentruppen das Feld monatelang aufbereitet und Informationen gesammelt hatten, ging man nun auf kleinere gezielte Manöver über. Das soll nun auch verstärkt in der Region rund um Khan Younis passieren. Für solche Manöver braucht man aber oft keine Bodentruppen, die Angriffe erfolgen mittels Drohnen.

Nahal-Brigade weiter präsent

Weiterhin im südlichen Teil präsent ist die massive Nahal-Brigade, sie ist laut Angaben des israelischen Militärs derzeit entlang des Netzarim-Korridors stationiert. Der Korridor wurde von der Armee südlich von Gaza-Stadt an der West-Ost-Achse errichtet, um die von der Armee vorgenommene Teilung des Gazastreifens in einen nördlichen und einen südlichen Abschnitt zu sichern. Nördlich davon ist auch weiter die 162. Division aktiv.

Was die übrigen Truppen betrifft, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit nur um einen temporären Rückzug, um den Einheiten sechs Monate nach Beginn des Krieges die Möglichkeit zur Erholung und zur Vorbereitung auf neue Aufgaben zu bieten. "Es ist ein langer Krieg, man kann nicht immer in derselben Zusammenstellung kämpfen", sagte Generalstabschef Halevi.

Bemerkenswert ist der Abzug dennoch, vor allem sein Zeitpunkt: Dass er ausgerechnet jetzt passiert, könnte auf Fortschritte in den Verhandlungen um eine Waffenruhe hindeuten. Dafür gibt es auch noch andere Indizien. Einerseits sprechen ägyptische Vertreter schon von einer möglichen Waffenruhe zum Ende des Ramadan – also in dieser Woche. Zudem hat Israels Kriegskabinett die Delegation in Kairo nun mit einem "erweiterten Mandat" ausgestattet. Auch das klingt nach einem deutlichen Fortschritt. Laut israelischen Informationen liegt der Ball nun wieder bei der Hamas, nachdem Israel einen mit den USA abgestimmten Entwurf für eine Verhandlungslösung abgesegnet hat.

Zum Pessachfest daheim?

Sollte es in Kairo tatsächlich zum Durchbruch kommen, was die Hamas am Montag noch infrage stellte, würde das eine Kampfpause von mehreren Wochen bedeuten – und der Truppenabzug wäre nur ein Vorgriff darauf. Es würde den Truppen auch die Möglichkeit geben, das Pessachfest bei ihren Familien zu verbringen.

Ein Vordringen der Bodentruppen nach Rafah wäre jedenfalls ein äußerst planungsintensives Unterfangen. Der temporäre Abzug der Truppen aus dem Süden könnte auch diesen Vorbereitungen dienen. Derzeit geht man in Israel davon aus, dass eine Rafah-Offensive nicht ohne den Sanctus der USA geschehen wird – auch wenn offiziell gerne das Gegenteil beteuert wird.

Im Norden Israels ist die Lage auch weiter höchst angespannt. Israels Armee hielt im westlichen Galiläa am Montag eine Truppenübung ab. Zugleich reagierte die Luftwaffe auf dutzende Angriffe durch die Hisbollah, dabei soll auch ein hochrangiger Kommandant der Hisbollah getötet worden sein. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 8.4.2024)