Berührungen tun Körper und Geist gut. Sie müssen gar nicht lange dauern – dafür lieber öfter stattfinden.
IMAGO/Luis Manuel Munoz

Der Tastsinn ist der erste Sinn, der sich bei Neugeborenen entwickelt – und zugleich der direkteste Weg, auf dem wir mit der Welt interagieren. Entsprechend groß ist die Bedeutung, die Berührungen für uns Menschen haben. Wissenschaftlich ist ihre Wirkung allerdings etwas schwer zu untersuchen, da Messungen des Tastsinns nicht leicht zu objektivieren sind.

Obwohl etliche Forschungsarbeiten gezeigt haben, dass Berührungen sowohl für die körperliche als auch für die geistige Gesundheit von Vorteil sind, blieben einige Lücken: So konzentrierten sich Forschende auf bestimmte gesundheitliche Ergebnisse oder berücksichtigten den Einfluss anderer Variablen nicht, wie etwa die Art der Berührung oder die Person, die die Berührung durchführt.

Der Neurowissenschafter und Psychologe Julian Packheiser (Ruhr-Universität Bochum), der sich vor allem auf die Erforschung von Umarmungen spezialisiert hat, analysierte mit einem Team insgesamt 212 Studien zum Thema Berührung, an denen insgesamt 12.966 Personen teilnahmen, um den gesundheitlichen Nutzen von Berührung zu untersuchen. Die Metaanalyse, die im Fachblatt "Nature Human Behaviour" erschien, fand starke Belege dafür, dass sich Berührungen hinsichtlich einer Vielzahl von körperlichen und psychischen Faktoren positiv auswirken.

Wirkung bei allen Altersgruppen

Konkret würden körperliche Berührungen sowohl von Menschen als auch von Tieren Schmerzen, Depressionen und Ängste bei Erwachsenen und Kindern lindern, berichten die Forschenden. Ihre Befunde würden für alle Altersgruppen gelten und unabhängig davon, ob es sich um gesunde oder kranke Menschen handelt. Die Metaanalyse zeigte zudem, dass kürzere, aber häufigere Berührungen besonders förderlich sind. "Es muss keine teure, lange Massage sein“, sagt Packheiser, „auch eine kurze Umarmung zeigt eine positive Wirkung." Ebenfalls positive Effekte hätten Berührungen durch Objekte – etwa Roboter, Stofftiere oder Umarmungskissen. Diese führten zu einem ähnlichen körperlichen Nutzen wie die Berührung durch Menschen, aber zu kleineren Vorteilen für die psychische Gesundheit.

Bei Säuglingen wiederum sei es von Vorteil, wenn die Eltern diese Berührungen ausführen. Ihre Berührung wirke besser als die von Pflegepersonen, schließen die Forschenden aus den Metaanalysen. Bei Erwachsenen hingegen würden sich diese Unterschiede nicht zeigen. Das Team um Packheiser stellte außerdem fest, dass sich die gesundheitlichen Ergebnisse verbesserten, wenn der Kopf berührt wurde. Andere Körperteile zeitigten weniger positive Ergebnisse. Einseitige Berührungen seien zudem wirkungsvoller als wechselseitiges Streicheln oder Berühren.

Auch im Tennisdoppel sind aufmunternde Berührungen gang und gäbe. Wirkung zeigen sie laut einer neuen Studie bei Basketballspielerinnen.
AP/Trevor Collens

In einigen Teamsportarten wie im Volley- oder Basketball sind aufmunternde und freundschaftliche Berührungen – etwa Abklatschen oder Schulterklopfen – sehr üblich. Aber haben auch diese mehr oder weniger ritualisierten Berührungen auch einen Effekt? Dieser Frage ging ein Team um die Psychologin Christiane Büttner (Uni Basel) nach. Konkret lautete die Fragestellung, ob Basketballspielerinnen bei Freiwürfen den Korb eher treffen, wenn ihre Teamkolleginnen sie vorher berührt hatten. Für die Studie wurden insgesamt 60 Spiele von Frauen-Basketballmannschaften der "National Collegiate Athletic Association" (NCAA) in den USA ausgewertet. In den Spielen kam es zu 1.670 Freiwürfen (also 835 mal zwei).

Berührungen bringen auch Körbe

Wie die Forschenden im Fachjournal "Psychology of Sport & Exercise" berichten, stieg die Wahrscheinlichkeit für einen erfolgreichen Freiwurf, wenn die Spielerinnen zuvor von ihren Mitspielerinnen berührt wurden, etwa in Form von Schulterklopfen oder Händeschütteln. Allerdings war dieser Effekt vor allem nach einem missglückten ersten Wurf nachweisbar. "Die Unterstützung durch Teamkolleginnen ist also besonders dann hilfreich, wenn das Stressniveau bereits hoch ist, weil man den ersten der beiden Würfe verfehlt hat", fasste Studienleiterin Christiane Büttner die Resultate in einer Mitteilung der Universität Basel zusammen. "Unsere Ergebnisse sprechen für die Macht der Berührung", resümieren Büttner und ihre Kolleginnen.

Schlüsse auf männliche Teams oder andere Sportarten würden sich daraus aber (noch) nicht ableiten lassen: Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass männliche Athleten anders auf eine Berührung reagierten, heißt es. Und es sei durchaus denkbar, dass ein Schulterklopfen oder Händedruck auch bei anderen Teamleistungen helfe, mit Stress umzugehen und die Leistung zu verbessern, so Büttner. (tasch, 8.4.2024)