Der Turm des Lenzing-Gebäudes in Oberösterreich
Lenzing hat 2022 und 2023 Verluste eingefahren, das Kostenprogramm geht weiter.
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Die B&C-Privatstiftung, die über die gleichnamige Holdinggesellschaft österreichische Industriebeteiligungen wie jene an Amag, Lenzing und Semperit hält, gibt einen Grundsatz auf und ändert ihre Beteiligungsstrategie – und zwar ganz grundsätzlich. Angesichts der großen Herausforderungen, vor denen die Gesellschaften stehen, brauche es nicht nur die richtigen Geschäftsstrategien, sondern man müsse auch die richtigen Gesellschafterstrukturen finden, erklärte Wolfgang Hofer, Vorstandsmitglied der Privatstiftung, am Montag vor Journalisten. Man werde daher das "jahrelang gültige Dogma von 50 plus 1 aufgeben", sagte er und allenfalls strategische Partner hereinnehmen und mit ihnen kooperieren.

B&C sei also dazu bereit, bei ihren Kernbeteiligungen Anteile abzugeben, und bestehe nicht mehr darauf, mehr als 50 Prozent zu halten, erläuterte Hofer, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der B&C-Gruppe ist. Dies gelte für alle drei genannten Gesellschaften, an der Eigentümerstruktur der B& C Holding Österreich werde sich aber nichts ändern. Sie gehört zu 100 Prozent der Stiftung. Ihr Stiftungszweck ist die "Förderung des österreichischen Unternehmertums", das Ziel, "namhafte Unternehmen hier in Österreich zu halten", sei aber ziemlich herausfordernd geworden, wie man Hofers Ausführungen entnehmen konnte.

In den nächsten Jahren sollen also Beteiligungswillige ins Boot geholt werden, infrage kommen laut Hofer solche aus der ganzen Welt, nicht aber aus China. Die Kernbeteiligungen – also der Aluminiumerzeuger Amag, Faserhersteller Lenzing und Semperit – bräuchten weiterhin Investitionen, und dafür seien auch strategische Partner nötig, die langfristige Beteiligungen eingehen wollen – anders als reine Finanzinvestoren, die "schnell wieder weg sein können". Es gehe darum, die strategische Zukunft abzusichern, und um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, wie der für die Finanzen zuständige Geschäftsführer der B&C, Patrick Lackenbucher, ergänzte.

B&C gibt Sperrminorität nicht her

Ob man schon Gespräche mit potenziellen Investoren führt, wurden die B&C-Verantwortlichen – auch B&C-Geschäftsführer und Amag-Aufsichtsratsmitglied Thomas Zimpfer sowie Lenzing- und Semperit-Aufsichtsratschef Cord Prinzhorn waren an den Firmensitz der B&C ins Palais Ephrussi an der Ringstraße gekommen – gefragt. Ja, man habe mit den Evaluierungen begonnen, und es gebe auch bereits erste Gespräche über Beteiligungen, weiter sei man aber noch nicht, lautete die Antwort. Unter die Sperrminorität, also 25 Prozent plus eine Aktie, wird sich B&C aber nicht verwässern lassen.

Derzeit sehen die Beteiligungsverhältnisse so aus: An der Amag hält B&C 52,7 Prozent, 52,3 Prozent an der Lenzing und 54,2 Prozent an Semperit. Zudem hält die Gruppe zehn Prozent am Krankenhausdienstleister Vamed und etliche Beteiligungen an Start-ups und Hightechunternehmen wie Frequentis.

Die vergangenen Jahre waren aber durchaus schwierig und durchwachsen; als besonderes Sorgenkind erwies sich der börsennotierte oberösterreichische Faserhersteller Lenzing mit seinen Niederlassungen rund um den Erdball. Er fuhr im Vorjahr einen Verlust von fast 600 Millionen Euro ein, schrieb den Wert von fünf Produktionsstätten um 465 Millionen Euro ab – denn mit einer Besserung der Lage und der Nachfrage nach Textilien rechnet man frühestens 2025. Die Folge: Kosteneinsparungen und der Abbau von (weltweit) hunderten Mitarbeitern – und dieser Abbau ist "noch nicht erledigt", wie Prinzhorn es ausdrückte. Und: Die Lenzing-Aktie ist von Jänner 2022 bis dato von 96 Euro auf 31 Euro abgestürzt. Nach einer Kapitalerhöhung um 210 Millionen Euro im Vorjahr und Investitionen von zwei Milliarden Euro zwischen 2020 und 2023 will man nun vor allem den Vertrieb vor Ort stärken; zudem wird der Vorstand aufgestockt.

Schaden aus Schur-Flexibles-Einstieg teils ersetzt

Stiftungsvorstand Hofer ließ neben leiser Kritik an Semperit und Lenzing („Wir waren in Bezug auf die Entwicklungen skeptischer als die Leute in den Unternehmen“) auch eine Spur Selbstkritik vernehmen: Vielleicht habe man zu wenig laut gewarnt; zudem gestand er "evidente Fehler" rund um den Erwerb von Schur Flexibles ein. 2021 hatte B&C 80 Prozent am Verpackungsunternehmen gekauft, nach dem Aufkommen von Unregelmäßigkeiten stieg man ein Jahr später wieder aus. Diverse Verfahren und Ermittlungen laufen, von 300 Millionen Euro Schaden (ohne Anwaltskosten etc.) habe die Versicherung nun 120 Millionen bezahlt, berichtete Hofer.

Verkauft hat die B&C-Privatstiftung im Vorjahr auch ihre indirekt gehaltenen 35 Prozent am Wiener Software-Unternehmen Machine Learning Solutions Gmbh (MLS). Deren Mehrheit hatte die DSIRF GmbH gehalten, der nun vorgeworfen wird, auch in Österreich die Spyware Subzero eingesetzt zu haben. DSIRF ist seit vorigem Sommer in Abwicklung, die Vorwürfe, denen auch die Staatsanwaltschaft Wien nachgeht, hat man stets zurückgewiesen. In beiden Causen, Schur Flexibles und DSIRF, gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 15.4.2024)