Raucher vor einem Bürogebäude
Manche rauchenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer argumentieren, dass sie sich in Zigarettenpausen mit ihrem Job beschäftigen.
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Eine Studie im Auftrag des Online-Händlers Haypp sorgte kürzlich vermutlich in manchen Büros für dicke Luft. Raucherinnen und Raucher in Österreich verbringen demnach bei einer Fünf-Tage-Woche rund zwei Stunden mit dem Rauchen. Aufs Jahr gerechnet seien das zwei Wochen zusätzlicher Freizeit, hieß es in einer Aussendung.

Der Furor über diese Zahlen ließ nicht lange auf sich warten. In einer Umfrage auf krone.at meinten 58 Prozent der Teilnehmer, Raucher sollten für ihre zusätzlichen Pausen nacharbeiten müssen. Interessant an der Umfrage, für die 1000 Raucherinnen und Raucher in Österreich befragt wurden, ist aber auch der Auftraggeber. Der schwedische Online-Händler Haypp vertreibt tabakfreie Nikotinbeutel, also Konkurrenzprodukte zu Zigaretten. Eine Nachfrage des STANDARD, ob die Umfrage nicht Ressentiments gegen Raucher verstärke, ließ Haypp bisher unbeantwortet.

Vorstoß in Salzburg

Grundsätzlich haben Beschäftigte in Österreich keinen Anspruch auf eigene Rauchpausen. Viele Unternehmen überlassen die Entscheidung über Rauchpausen aber ihren Mitarbeitern und fordern keine Dokumentation ein. In den Salzburger Landeskliniken (Salk) wollte der ehemalige Geschäftsführer Paul Sungler diese Praxis 2018 beenden. Jene Arbeitszeit, die durchs Rauchen verlorengehe, solle in den fünf Salk-Spitälern im Land Salzburg eingearbeitet werden, hieß es.

Auf Nachfrage erfährt man, dass bisher aber nichts aus dem Plan geworden ist. Die Landeskliniken konnten keine Zustimmung des Betriebsrats erreichen, heißt es seitens der Salk zum STANDARD. Der Betriebsrat argumentierte, dass die Echtzeiterfassung der Arbeitszeit nur die Verwaltung betraf, nicht aber Ärztinnen und Ärzte. Einem Ausstempeln für Rauchpausen könne aber nur zugestimmt werden, wenn alle Mitarbeiter betroffen seien. Im kommenden Juli werden die Salk-Ärzte nun auch Teil der Echtzeiterfassung, bald danach soll das Pflegepersonal folgen. Dann werde das Management der Salzburger Landeskliniken das Ausstempeln für Rauchpausen wieder auf die Agenda heben, heißt es.

Mancherorts bereits üblich

Beim oberösterreichischen Maschinenbauer Fill ist Ausstempeln für Rauchpausen schon lange üblich. Das Abmelden sei "in unserem Firmenkodex geregelt", teilt Geschäftsführer Andreas Fill mit, und werde über eine Zeitbuchungsapp dokumentiert. Seit der Corona-Pandemie seien zudem alle Raucherbereiche ins Freie verlagert worden. Heute sei es für die Belegschaft "eine Selbstverständlichkeit, dass in den Räumen nicht mehr geraucht werden darf", sagt Fill.

Auch bei der Versicherung Uniqa gibt es klare Regeln für Raucher. So gibt es im Wiener Uniqa-Tower eine Terrasse, auf der das Rauchen erlaubt ist. Die Terrasse sei "selbstverständlich vor allem auch für andere Zwecke gedacht", so gebe es dort auch eine Minigolf-Anlage, teilt der Konzern mit. Beim Verlassen des Uniqa-Gebäudes muss man sich im Zeiterfassungssystem abmelden – dementsprechend auch für das Rauchen auf der Terrasse.

"Nicht Thema Nummer eins"

"Am einfachsten ist es für alle Beteiligten, wenn eine Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über die Modalitäten des Rauchens abgeschlossen wird", sagt ÖGB-Arbeitsrechtsexperte Michael Trinko. Das Thema Rauchen sei "jedenfalls nicht das Thema Nummer eins am Arbeitsplatz". Bestrebungen, Rauchpausen strenger zu erfassen, sieht Trinko kritisch und weist auf eine Stepstone-Umfrage von 2019 hin, wonach 57 Prozent der Österreicher nicht ihre volle Mittagspause konsumierten, und auf 47 Millionen Überstunden ohne Geld- oder Zeitausgleich im Jahr 2023.

In der Wirtschaftskammer hält man fest, dass Arbeitgeber die private Tätigkeit des Rauchens während der Arbeitszeit tolerieren können, es aber nicht müssen. "Allerdings gehen auch Nichtraucher:innen privaten Tätigkeiten während der Arbeitszeit nach (zum Beispiel Gespräche mit Arbeitskolleg:innen über Privates, Surfen im Internet, Nutzen von Social Media, Privattelefonate, Kaffeetrinken mit Kollegen)." Die Erfahrung zeige, dass Arbeitgeber private Tätigkeiten während der Arbeit zuließen, solange die Arbeitsleistung nicht darunter leide.

Rauchverbotsschild auf Deutsch und Englisch
Die Zonen, in denen geraucht werden darf, sind im Laufe der Jahrzehnte weniger geworden.
IMAGO/Michael Gstettenbauer

Rückzugsgefechte

Der allgemeine Trend geht dahin, dass Raucherinnen und Raucher in Österreich am Arbeitsplatz schon länger zum Rückzug gedrängt werden. Ab 1995 mussten Arbeitgeber dafür Sorge tragen, dass Nichtraucher beim Arbeiten vor den Wirkungen des Zigarettenrauchs durch Lüftungen geschützt werden. Ab Ende 2001 wurden die Regeln verschärft: Das Rauchen in Büroräumen wurde verboten, sobald auch Nichtraucher dort arbeiteten und die Räume nur von Betriebsangehörigen genutzt wurden, zumindest theoretisch. Seit 2018 ist das Rauchen am Arbeitsplatz in Gebäuden generell verboten, sofern auch Nichtraucher dort arbeiten.

Umwälzungen gab es vor allem in der Gastronomie. Seit November 2019 gilt in Lokalen ein allgemeines Rauchverbot. Prompt brach der Zigarettenumsatz in diesem Monat um fast zehn Prozent ein. In den folgenden Monaten betrug das Minus im Schnitt vier Prozent.

Die sogenannte Zigarettenpackungsstudie zeigt außerdem, dass eine Person in Österreich im Jahr 1994 im Schnitt täglich sieben Zigaretten rauchte; im Jahr 2020 waren es bereits weniger als fünf Zigaretten. Für die Zigarettenpackungsstudie werden an öffentlichen Orten in Österreich systematisch Zigarettenpackerl gesammelt und so sowohl hierzulande versteuerte als auch nichtversteuerte Glimmstängel erfasst. Laut der Gesundheitsbefragung Athis rauchten im Jahr 2019 noch 21 Prozent der Bevölkerung, 18 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer. (Lukas Kapeller, 25.4.2024)