Jemand raucht eine Zigarette
Rauchen ist ungesund, rauchen aber Chef und Mitarbeiter, dann hilft das der Beförderung.
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GASTBEITRAG Matthias Sutter

Das Berufsleben dreht sich nicht nur um Produktion, Kundenservice und dergleichen. Im Beruf finden auch soziale Begegnungen statt, bei denen man sich über die beruflichen Belange hinaus austauscht oder Pausen miteinander verbringt. Diese sozialen Belange sind karrieretechnisch von nicht zu unterschätzender Bedeutung, weil man im sozialen Kontakt Bindungen aufbaut und wichtige Informationen über andere Personen bekommt, die für Beförderungsentscheidungen relevant sein können. Dass Beziehungen wichtig für das Fortkommen im Beruf sind, überrascht vermutlich niemanden, aber harte Fakten dazu sind gar nicht so einfach zu bekommen.

Zoe Cullen von der Harvard Business School und Ricardo Perez-Truglia von der Universität in Berkeley ist dies gelungen. Sie konnten mit Daten einer großen asiatischen Bank untersuchen, welchen Einfluss soziale Netzwerke haben und wie sie von der Intensität des Kontakts abhängen. Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die Feststellung, dass Männer in vielen Unternehmen schneller als Frauen befördert werden und dass durch diesen Umstand ein relativ großer Teil der Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen erklärbar ist.

Männer befördern eher Männer

In der Literatur wird häufig vom "old men's club" gesprochen, was besagt, dass länger im Unternehmen befindliche Männer häufiger jüngere Männer als Frauen befördern. Ein solcher "old men's club" setzt voraus, dass mehr Kontakt von Mitarbeitern zu ihren Vorgesetzten auch mit besseren Aufstiegschancen für diese Mitarbeiter einhergeht. Also haben Cullen und Perez-Truglia untersucht, ob mehr Kontakt tatsächlich die Beförderungswahrscheinlichkeit erhöht. Anhand von Informationen von mehr als 3.500 männlichen Mitarbeitern in der asiatischen Bank haben sie die Kontakthäufigkeit von Mitarbeitern und Vorgesetzten erhoben, einmal durch Befragungen, aber auch durch den jeweiligen Raucherstatus. Es zeigt sich nämlich, dass Mitarbeiter und Vorgesetzte fast um die Hälfte mehr Zeit miteinander verbringen, wenn beide Raucher sind, als wenn das nur für eine der beiden Personen gilt.

Zur Messung des Effekts überprüften die beiden Autoren, wie sich die Wahrscheinlichkeit der Beförderung eines rauchenden Mitarbeiters verändert, wenn ein neuer Vorgesetzter auch Raucher ist, während der alte Vorgesetzte Nichtraucher war. Tatsächlich steigt in den folgenden 2,5 Jahren der rauchende Mitarbeiter im Schnitt um 0,7 Gehaltsstufen mehr auf als die nichtrauchenden Kollegen.

Der Effekt ist nicht darauf zurückzuführen, dass sich etwa der rauchende Mitarbeiter und der rauchende Vorgesetzte von früher schon kennen würden, dass sie die gleiche Ausbildungsstätte besucht hätten oder aus derselben Region kommen würden. Des Pudels Kern ist die länger miteinander verbrachte Zeit. Und dabei hilft offenbar ein gemeinsames Laster wie Rauchen, weil man die Pausen häufiger miteinander verbringt. Der "old men's club" funktioniert also gut. Er ist aber nicht nur auf die Dimension des Rauchens beschränkt und auch nicht auf das Geschlecht.

Beförderung abhängig von Geschlecht

Cullen und Perez-Truglia haben nämlich als Nächstes analysiert, ob es für die Beförderungswahrscheinlichkeit eine Rolle spielt, welches Geschlecht Mitarbeiter und Vorgesetzter haben. Beispielsweise untersuchten die Autoren die Situation, wenn Mitarbeiter beiderlei Geschlechts einen Wechsel von einer weiblichen Vorgesetzten zu einem männlichen Vorgesetzten erleben.

Hier zeigt sich eine starke Asymmetrie: Mitarbeiter profitieren im Schnitt deutlich mehr als Mitarbeiterinnen von einem solchen Wechsel. Die Männer steigen im Laufe von 2,5 Jahren um 0,6 Gehaltsstufen mehr nach oben, wenn ein männlicher Vorgesetzter kommt. Für Frauen hingegen hängt die Aufstiegswahrscheinlichkeit nicht vom Geschlecht ihrer jeweiligen Vorgesetzten ab. Für Männer ist offenbar das Netzwerken sehr viel bedeutsamer – und erfolgreicher – für den beruflichen Aufstieg als für Frauen. (Matthias Sutter, 11.6.2023)